Viele Bürger sehen personalisierte Medizin skeptisch
Die molekulare Diagnostik kann der Schlüssel zu einer individuell gestalteten Pharmakotherapie sein - doch die Skepsis vieler Menschen ist groß.
Veröffentlicht:MAINZ (ner). Die Gesellschaft ist noch nicht auf die Möglichkeiten der personalisierten Medizin vorbereitet, war die Botschaft beim Pharmaforum 2010 in Mainz. Gerade im Hinblick auf die erforderliche Diagnostik müsse bei den Bürgern noch Aufklärungsarbeit geleistet werden.
Die molekulare Diagnostik werde der Schlüssel zu einer individuell gestalteten Pharmakotherapie sein, zeigt sich Professor Theo Dingermann von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main überzeugt.
Dieser neuen Dimension der Diagnostik werde in der Bevölkerung aber bereits jetzt mit Vorbehalten begegnet, hieß es bei dem Jahrestreffen von Vertretern forschender Pharmaunternehmen, von Wissenschaftlern sowie aus der Politik und von Krankenkassen. Das im vergangenen Jahr verabschiedete Gendiagnostik-Gesetz sei zwar dringend nötig gewesen, so Dingermann. Man müsse aber einen klaren Unterschied machen zwischen der Diagnostik von Krankheiten auf der einen Seite und der Diagnostik von Arzneimittelwirksamkeiten und Medikamentenverträglichkeiten auf der anderen Seite.
Er forderte in diesem Zusammenhang eine verstärkte Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern. Das Gesetz sei sehr restriktiv mit Blick auf das Veranlassen solcher Untersuchungen und das Interpretieren von Daten zu Arzneimittelwirkungen. "Daran erkennt man, wie unvorbereitet die Gesellschaft ist", so Dingermann. Würde man einen Patienten fragen, ob er für einen solchen genomischen Test bereit sei, eine Blutprobe abzugeben, werde man oft auf Bedenken oder Ablehnung stoßen.
"Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte", stimmte Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Pharmaunternehmen (vfa) zu. "Das Wissen um die eigenen Daten ist nicht für jedermann gleich leicht zu bewältigen." Die meisten Menschen seien damit überfordert, gerade wenn es um zurzeit noch nicht behandelbare Krankheiten gehe, deren künftige Manifestation man womöglich voraussehen könne. Friedhelm Ochs, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Rheinland-Pfalz und Saarland, warnte vor Begehrlichkeiten, die einmal gespeicherte Daten wecken würden. Er äußerte Bedenken, gesunde Menschen auf potenzielle Gesundheitsrisiken zu screenen.