Folge 28

Auch beim Erbe greifen Ex-Gatten zu

Dass Noch-Ehepartner im Scheidungsverfahren Unterhaltsansprüche geltend machen, damit rechnet jeder Ehegatte. Doch wird nicht vorgesorgt, bleibt der Ex-Partner auch Erbe - manchmal sogar des Gesamtvermögens.

Von Sacha Feller Veröffentlicht:

In der turbulenten Zeit der Trennung denken scheidungswillige Ehegatten selten daran, dass der Noch-Ehepartner ihr Erbe bleibt, wenn nichts unternommen wird. Vor allem, wer kein Testament verfasst hat, muss sich im Klaren sein, dass der Ehepartner während der Trennung, zumindest aber bis zur Einreichung des Scheidungsantrages Erbe wird.

Und auch über gemeinsame Kinder könnten Erbansprüche bestehen bleiben.

In turbulenten Scheidungsverfahren muss auch ans Testament gedacht werden.

In turbulenten Scheidungsverfahren muss auch ans Testament gedacht werden.

© Gina Sanders / fotolia.com

Oft hilft sogar der Scheidungsantrag nichts. Etwa dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung nicht erfüllt sind - das passiert zum Beispiel, wenn das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist.

In der Trennungsphase, also bis zum Ablauf des Scheidungsverfahrens und bis zur Rechtskraft der Scheidung, sollten also auf jeden Fall geeignete Maßnahmen zur Enterbung des Partners ergriffen werden. Aber: Eine vollständige Enterbung ist nur selten möglich.

Da ist zunächst der gesetzlich festgeschriebene Pflichtteilsanspruch: Dieser besteht bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung. Und er kann nur unter sehr engen Voraussetzungen entzogen werden, beispielsweise dann, wenn der Ehegatte den Erblasser schwerst körperlich misshandelt hat.

Für den Fall, dass während der Ehe gemeinschaftliche Testamente oder Erbverträge gefertigt worden sind, sollte unbedingt professioneller Rat eingeholt werden.

Denn erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung besteht eine sogenannte widerlegbare gesetzliche Vermutung dafür, dass die letztwilligen Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gelten. Dies bedeutet, dass Ehegattentestamente schnellstmöglich durch Widerruf beseitigt werden sollten.

Dieser Widerruf jedoch unterliegt strengen Formvorschriften. Er muss in notarieller Form gefertigt werden und dem anderen Ehegatten zugestellt sein. Doch mit dem Widerruf wird zunächst lediglich eine Alleinerbeinsetzung des Ehegatten beseitigt. Das heißt, der Ehegatte könnte nach wie vor Teilerbe werden - denn in diesem Moment lebt die gesetzliche Erbfolge wieder auf.

Gegensteuern können widerrufende Ehepartner durch ein neues Einzeltestament. In diesem Einzeltestament sind dann Vorkehrungen zu treffen, die eine Vermögensbeteiligung des anderen Ehegatten, beispielsweise über die Minderjährigkeit gemeinsamer Kinder ausschließen.

Es gilt zu bedenken, dass das minderjährige und zum Alleinerben eingesetzte Kind über das von Todes wegen erworbene Vermögen nicht selbst verfügen kann. An seine Stelle tritt sein gesetzlicher Vertreter - exakt der Ehegatte, mit dem man sich soeben durch ein womöglich jahrelanges Scheidungsverfahren gequält hat.

Auch im Falle, dass das minderjährige Kind zunächst Alleinerbe wurde und der Erblasser daran gedacht hat, dem überlebenden Elternteil das Vermögenssorgerecht zu entziehen, droht Gefahr. Denn wenn dieses Kind seinerseits verstirbt, ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen, tritt wiederum die gesetzliche Erbfolge in Kraft: Es erbt das überlebende Elternteil.

Und noch ein Punkt ist zu bedenken: Selbst wenn in einer Scheidungsfolgenvereinbarung die Ehegatten wechselseitig einen Erb- und Pflichtteilsverzicht erklären, wirkt sich dieser auf die vorgenannten Problembereiche der Vermögenssorge oder der Ersatzerbschaft nicht aus.

Fazit: Es ist unbedingt anzuraten, gerade in turbulenten Scheidungsverfahren Vorsorge für den Fall des eigenen Todes zu treffen.

Sacha Feller ist Fachanwalt für Erbrecht bei Haibach Rechtsanwälte, Gießen und Frankfurt; www.haibach.com

Nur für Fachkreise: Rechtsanwalt Rudolf Haibach beantwortet Fragen zur Trennung im Scheidungsforum

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