Geldanlage

Börsentrends 2022: Klimaschutz und gesunde Ernährung

Mögliche Zinsanhebungen der Notenbanken und eine Zerschlagung von IT-Giganten könnten Immobilien- und High-Tech-Aktien 2022 unter Druck setzen. Kurspotenzial bieten Klimaschutz und gesunde Ernährung.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Verbrauchern kommen zunehmend nachhaltige bzw. regionale Lebensmittel in die Tasche – für Anleger die Chance auf gesunde Gewinne.

Verbrauchern kommen zunehmend nachhaltige bzw. regionale Lebensmittel in die Tasche – für Anleger die Chance auf gesunde Gewinne.

© Max Tactic/stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Das neue Börsenjahr beginnt zwar erst in zwei Monaten. Anleger sollten jedoch jetzt schon beginnen, ihr Portfolio auf 2022 auszurichten. Denn während die Pandemie sich mit dem Impffortschritt dem Ende neigt, zeichnen sich neue politische und wirtschaftliche Herausforderungen ab, die für Turbulenzen an den Aktienmärkten sorgen könnten. „Die hohen Inflationsraten in Europa und den USA könnten die Aktienmärkte im neuen Jahr belasten“, sagt etwa Uwe Eilers, Vorstand des Vermögensverwalters FM Frankfurter Vermögen. Bislang steigen die Preise zwar nur, weil weltweit die Produktion nach dem Ende der Lockdowns sehr schnell hochgefahren wird. Hersteller von Mikrochips, Reedereien und Ölfördergesellschaften können dabei das Tempo anderer Industriezweige nicht mitgehen. Die daraus resultierenden Engpässe in den Lieferketten verteuern Vorprodukte, Frachtraten und Energie.

Höhere Löhne, höhere Zinsen

Gefährlich werde es, wenn dies zu einer sich immer stärker beschleunigenden Lohn-Preis-Spirale führt, so Eilers. „Bislang halten sich die Gewerkschaften trotz der hohen Inflationszahlen mit Lohnforderungen zurück, aber das kann sich schnell ändern.“ In diesem Fall wären die Zentralbanken gezwungen, die Zinsen anzuheben, um die Wirtschaft und damit die Preisentwicklung zu drosseln. Dies würde die Gewinne der Unternehmen sinken lassen. Profiinvestoren würden dann Aktien verkaufen und so deren Kurse drücken. „Insbesondere die Aktien von Immobilienunternehmen würden die Verlierer sein“, sagt Eilers. „Denn höhere Zinsen verteuern Hypothekenkredite und sind damit Gift für die Branche.“ Höhere Zinsen lassen die aus den Mieterträgen nach Abzug der Finanzierungskosten verbleibende Rendite schrumpfen. Das zwingt die Unternehmen, ihre Dividenden zu kürzen.

Die Zeit nach Corona wird davon geprägt sein, dass die Menschen sich wieder etwas gönnen und ihre Konsumausgaben deutlich steigern.

Frank Wieser, Geschäftsführer der Düsseldorfer PMP Vermögensmanagement

„Ein weiteres beherrschendes Thema in 2022 wird die Regulierung der Internetdienstleister Apple, Facebook und der Google-Mutter Alphabet sein“, so Michael Thaler, Vorstand der Münchner TOP Vermögen. Die US-Regierung und die EU-Kommission erwägen, die IT-Giganten zu zerschlagen, um Monopole zu verhindern. Das brächte die Aktienkurse des Trios unter Druck. Stärkere Regulierungen seien auch bei Energieversorgern und Banken zu erwarten, glaubt Thaler. „Die jüngst erfolgte Deckelung des Strompreises in Spanien hat dem dortigen Versorger Iberdrola bereits Einbußen beschert.“ Andererseits könnte dies dazu führen, dass „die Steueraufschläge auf Kohlendioxidemissionen und damit auf Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl aufgeweicht werden“. Das würde die Kaufkraft der privaten Haushalte in der EU weniger stark als bislang erwartet belasten und könnte den privaten Konsum beflügeln.

Frank Wieser, Geschäftsführer der Düsseldorfer PMP Vermögensmanagement, sieht ohnehin überproportionale Wachstumschancen bei Unternehmen, die den privaten Konsum bedienen. „Die Zeit nach Corona wird davon geprägt sein, dass die Menschen sich wieder etwas gönnen und ihre Konsumausgaben deutlich steigern.“ Reiseveranstalter, Fluggesellschaften und Luxusartikelhersteller dürften davon „deutlich profitieren“.

Börsenmotor Klimaschutz?

Samir Zakaria, Anlageexperte beim Vermögensverwalter Hansen & Heinrich, wiederum sieht den Klimaschutz als einen der großen Börsentrends in 2022. „Erneuerbare Energien werden starkes Wachstum erfahren.“ Die USA und Europa wollen mit milliardenschweren Programmen den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft unterstützen. „Nachhaltigkeit wird 2022 noch stärker in den Fokus rücken, als dies aktuell schon geschieht“, betont auch Harald Kärcher, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Eberhardt & Cie. „Das Bewusstsein in der Bevölkerung, dass sich etwas ändern muss, ist in den vergangenen Monaten exponentiell gestiegen.“ Zugleich wachse die Bedeutung gesunder, nachhaltiger Nahrungsmittel. „Unternehmen, die sich diesem Thema widmen, haben sehr gute Zukunftsaussichten“, so Kärcher.

Hingegen dürften Umsätze und Gewinne klassischer Fastfood-Anbieter und Erzeuger stark zuckerhaltiger Getränke langfristig schrumpfen. Einige mögliche Ereignisse könnten kommendes Jahr zu einem vorübergehenden starken Einbruch an den Börsen führen. Dann wären Anleger gut beraten, ihre Papiere zu verkaufen, um später deutlich günstiger wieder einzusteigen. „Eine massive Verschärfung des Konflikts zwischen China und Taiwan zählt zu diesen potenziellen Ereignissen“, sagt Thaler. Auch „eine neue, aggressive, gegen die heutigen Impfstoffe gefeite SARS-CoV-2- Variante könnte die Börsen wieder beben lassen“, so Kärcher.

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