Warum die Unteschiede?

Landesbasisfallwerte machen Forscher ratlos

Die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hohen Basisfallwerte sorgen für ratlose Köpfe. Ein Gutachten kommt zu dem Fazit: Ökonomisch lassen sie sich nicht erklären.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Eine Unterschriftenaktion gegen den Landesbasisfallwert in Schleswig-Holstein brachte mehr als 20.000 Unterschriften ein.

Eine Unterschriftenaktion gegen den Landesbasisfallwert in Schleswig-Holstein brachte mehr als 20.000 Unterschriften ein.

© Schnack

KIEL. Die unterschiedlichen Landesbasisfallwerte in Deutschland sind sachlich kaum noch zu erklären.

Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) hat die Ursachen für die unterschiedlichen Basisfallwerte in den Ländern im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums untersucht.

Im jetzt vorgelegten Projektbericht wird deutlich, dass die teilweise deutlichen Unterschiede größtenteils historisch bedingt ohne ökonomische Grundlage zustande gekommen sind.

Große Koalition gefordert

Besonders in Schleswig-Holstein, wo Kliniken wegen des bundesweit niedrigsten Basisfallwerts von derzeit 3012 Euro zum Teil in Existenznöten sind, sieht man sich damit bestätigt.

"Jetzt kommt es darauf an, dass die Große Koalition schnell und konkret eine weitere Konvergenz der unterschiedlichen Vergütungen beschließt", forderte die Krankenhausgesellschaft im Norden als Konsequenz aus der Untersuchung.

Darin wird deutlich, dass unterschiedliche Kosten die Differenz bei den Landesbasisfallwerten nur zu rund einem Fünftel erklären können. Einen weiteren leichten - aber negativen - Zusammenhang erkennt das Institut zwischen der Höhe der Investitionskosten und dem Basisfallwert.

Ob Besonderheiten bei den Verhandlungen auf Landesebene vor rund zehn Jahren bei Einführung der Basisfallwerte die Unterschiede erklären können, ist nach Meinung des RWI heute nicht mehr festzustellen.

Medizinische Qualität, Patientenzufriedenheit, Fallzahl, Case-Mix-Index und weitere Faktoren können laut RWI die unterschiedlichen Höhen nicht erklären.

Nur umfassende Reform sinnvoll

Das Institut gibt in seinem Bericht zu bedenken, dass eine Angleichung der Basisfallwerte grundsätzlich auch eine Konvergenz der Fördermittel nahelegen würde: "Dann könnten alle DRG-bezogenen Erlöse im Bereich Betrieb und Investitionen auf ein einheitliches Niveau gebracht werden", heißt es.

Die Investitionsmittel fallen derzeit wie berichtet sehr unterschiedlich aus - arme Länder wie Schleswig-Holstein fördern in geringerem Maße als etwa der Stadtstaat Hamburg.

Gleiche Fördermittel wären auch die Voraussetzung für eine im Projektbericht diskutierte Freigabe der Preise im derzeit stark regulierten System.

Damit könnten regionale Marktbesonderheiten berücksichtigt werden und sich durch Verhandlungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern ein "lokal adäquates Preisniveau einpendeln", heißt es. So könnten Preise stärker auf lokale Mengenänderungen reagieren und Qualitätsaspekte berücksichtigen.

Der Bundesbasisfallwert könnte dann als Orientierung für die lokalen Verhandlungen dienen. Durch unterschiedlich hohe Fördermittel würde es bei diesem System aber zu Verzerrungen kommen.

Die Autoren empfehlen deshalb, die Basisfallwerte nicht losgelöst von einer grundsätzlichen Finanzierungsreform und der Zuordnung von Verantwortlichkeiten zu betrachten.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse