Die Meinung
Selbsthilfe statt Versicherung?
Ilse Schlingensiepen ist Wirtschaftsjournalistin in Köln.
Auf einer Fachtagung in München hat ein Versicherungsmanager seiner Branche die Leviten gelesen. Es könne nicht sein, dass die Versicherer ihre Kunden genau dann im Regen stehen lassen, wenn diese sie am meisten brauchen: bei Großschäden und bei neuen Risiken. Geht die Branche weiter in diese Richtung, droht ihr die Bedeutungslosigkeit, warnte Michael McGavick, Chef von XL Insurance.
Zwar ging es ihm vor allem um die Industrieversicherung und die Deckung von Konzernen. Doch auch im Umgang mit Privatkunden oder Freiberuflern oder kleinen Firmen fahren manche Versicherer in der Schaden- und Unfallversicherung einen riskanten Kurs.
Auch Ärzte haben schon die Erfahrung gemacht: Bei Kleinigkeiten zeigen sich Versicherer kulant, bei wirklichen Schäden sieht es anders aus. Dann spielen manche auf Zeit, stellen immer neue Nachfragen, wollen Kunden mit weniger Geld abspeisen, als ihnen zusteht, oder unterstellen ihnen Versicherungsbetrug.
Wenn sich die Branche hier nicht ändert, könnte das passieren, was auch in der Industrieversicherung passiert. Ärzte und andere Kunden werden weniger Versicherungen kaufen und für die wirklich existenzbedrohenden Risiken Selbsthilfelösungen suchen.