Typ-2-Diabetes

Blutzuckerselbstmessung lohnt auch ohne Insulintherapie

Auch beim nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetiker scheint die Blutzuckerselbstmessung dazu beizutragen, dass sich die Blutglukosewerte verbessern. Dies könnte an der gesteigerten Motivation der Patienten liegen, ihren Lebensstil zu ändern.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Die Blutzuckerselbstmessung soll zu einem gesünderen Lebensstil motivieren.

Die Blutzuckerselbstmessung soll zu einem gesünderen Lebensstil motivieren.

© Travelfish / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Mit der Leitlinie "Selbstkontrolle des Blutzuckers bei nicht insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes" hat die International Diabetes Federation (IDF) 2009 eine Bewertung der bis dato existierenden Studien zum Thema vorgelegt. Ihre Schlussfolgerungen:

- Sofern die Blutzuckerselbstkontrolle (BZSK) mit einer intensiven Schulung der Patienten einhergeht, kann sie zur Verbesserung des Blutzuckerspiegels beitragen.

- Bei intensiver Steigerung der Medikation rasch nach Diagnosestellung kommt der mögliche Zusatznutzen der BZSK nicht oder nur eingeschränkt zum Tragen.

- Bei relativ gut eingestellten Patienten lässt sich mit der BZSK nur wenig erreichen.

Die IDF-Autoren empfehlen, die Selbstmessung bei nicht insulinpflichtigen Diabetikern nur dann einzusetzen, wenn die Patienten und/ oder deren Ärzte über "ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Bereitschaft" verfügen, das Monitoring sowie die Therapieanpassung in ihren Managementplan zu integrieren.

BZSK kann Patienten helfen, Erkrankung besser zu verstehen

Die Selbstmessung solle bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung erwogen werden, so die Experten, um einen rechtzeitigen Therapiebeginn zu ermöglichen und die medikamentöse Einstellung zu optimieren.

Als Teil einer fortlaufenden Schulung könne die BZSK den Patienten dabei helfen, ihre Erkrankung besser zu verstehen und an Kontrolle und Therapie teilzuhaben.

Dass die BZSK speziell bei neu erkrankten Patienten zur HbA1c-Senkung beitragen kann, haben Experten der Cochrane Collaboration in einer Metaanalyse bestätigt (The Cochrane Library 2012, online 18. Januar).

Wie die Autoren um Uriëll Malanda von der Universität Amsterdam berichten, hatten sich die HbA1c-Werte in dieser Subgruppe gegenüber Kontrollen in einem zwölfmonatigen Follow-up um durchschnittlich 0,5 Prozentpunkte verbessert.

Bei einer Diabetesdauer von über einem Jahr war der glykämische Effekt der Selbstmessung den Forschern zufolge dagegen gering.

So konnte der HbA1c zwar im Schnitt um gerade noch signifikante 0,3 Prozentpunkte gegenüber einer Vergleichsgruppe gesenkt werden, aber nur in Studien mit einem Kurzzeit-Follow-up von sechs Monaten. Bei einer Nachbeobachtungszeit zwischen sechs und zwölf Monaten sank der HbA1c dagegen nur um 0,1 Prozentpunkte.

Interventionsgruppe mit 501 Patienten

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Was Sie über die Blutzuckerselbstmessung alles wissen sollten, erfahren Sie im Dossier Glukose-Selbstmessung der "Ärzte Zeitung" ...

In den vergangenen Jahren mehren sich allerdings die Hinweise, dass sich die Selbstmessung bei nicht insulinpflichtigen Diabetikern auch längerfristig lohnen kann, wenn sie als integraler Bestandteil eines umfassenden Programms eingesetzt wird.

Aktuelle Daten kommen von der italienischen PRISMA-Studie, einer randomisierten kontrollierten Prüfung, in der 1024 nicht insulinpflichtige Patienten mit einem Ausgangs-HbA1c von durchschnittlich 7,3 Prozent über ein Jahr beobachtet wurden (Diabetes Care 2013; 36(10): 2887-2894).

Die Interventionsgruppe (501 Patienten) erhielt ein strukturiertes Intensivmonitoring (ISM) mit vier Selbstmessungen an jeweils drei Tagen pro Woche.

Die Messwerte sowie entsprechende Maßnahmen wurden ausführlich mit dem Arzt diskutiert.

Zum Vergleich dienten 523 Patienten, bei denen der Blutzucker nur zu Studienbeginn sowie nach sechs und nach zwölf Monaten, jeweils viermal an drei Tagen, gemessen wurde (active control, AC).

Selbstmessungen waren erlaubt, die Ergebnisse standen den Ärzten aber nicht zur Verfügung.

Medikation häufiger geändert

In der Interventionsgruppe hatte sich der HbA1c nach zwölf Monaten gegenüber den Kontrollen marginal verbessert (-0,39 vs. -0,27 Prozent; p = 0,013).

In der Per-Protocol-Analyse war der Unterschied deutlich größer (p = 0,0007). Insgesamt erreichten mehr Patienten der ISM-Gruppe eine klinisch relevante HbA1c-Reduktion.

Die Autoren führen dies auf mehrere Faktoren zurück: So hatten die Ärzte in Reaktion auf die Messwerte häufiger die Medikation geändert. Bei den ISM-Patienten war auch der BMI stärker gesunken.

Dies mag zur besseren glykämischen Kontrolle beigetragen haben, spekulieren die Autoren aus Mailand. Und drittens hatten die ISM-Patienten angesichts der selbst gemessenen Werte wohl eher und effektiver ihren Lebensstil umgestellt.

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