Brustkrebs durch IvF in jungen Jahren?

Frauen, die in jungen Jahren mit Hilfe der künstlichen Befruchtung ein Kind bekommen, laufen möglicherweise Gefahr, später im Leben an Brustkrebs zu erkranken.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Unter dem Mikroskop werden Spermien in Eizellen injiziert. Wird das Wunschkind mit einem erhöhten Krankheitsrisiko erkauft?

Unter dem Mikroskop werden Spermien in Eizellen injiziert. Wird das Wunschkind mit einem erhöhten Krankheitsrisiko erkauft?

© Waltraud Grubitzsch / dpa

CRAWLEY/AUSTRALIEN. Insgesamt betrachtet besteht für Frauen, die mit Hilfe der künstlichen Befruchtung ein Kind bekommen, kein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Allerdings ist diese Feststellung möglicherweise nur die halbe Wahrheit.

Denn den Ergebnissen einer australischen Studie zufolge ist das Risiko für ein Mammakarzinom zumindest bei jenen Frauen erhöht, die sich einer Unfruchtbarkeitsbehandlung unterziehen und die sich der In-vitro-Fertilisation (IvF) bedienen, wenn sie erst 24 Jahre alt sind (Fertil Steril 2012; online 25. Mai).

Diese Hinweise auf das erhöhte Brustkrebsrisiko haben jetzt australische Fertilitätsspezialisten aus Crawley in einer bevölkerungsgestützten Kohortenstudie mit den Daten von mehr als 21.000 Frauen gefunden.

Die Frauen waren zwischen 20 und 44 Jahre alt, als sie im Zeitraum zwischen 1983 und 2002 wegen Unfruchtbarkeit erstmals eine Fertilitätsklinik aufsuchten.

Deutlich höhere Östrogenspiegel durch die IvF

In früheren Studien waren hohe Spiegel an zirkulierendem Östrogen bei postmenopausalen Frauen und möglicherweise auch bei prämenopausalen Frauen mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert.

Die australischen Ärzte erinnern daran, dass bei einer In-vitro-Fertilisation kurzfristig mit etwa 4000 pg/ml sehr hohe Östrogenspiegel erreicht werden.

Zum Vergleich: Während eines normalen Menstruationszyklus liegt die Konzentration bei 300 pg/ml.

In der australischen Studie wurden die Frauen im Mittel über 16 Jahre nachverfolgt. Fast 7400 Frauen hatten eine IvF, mehr als 13.640 hatten keine. Insgesamt 384 Frauen, die sich einer Fertilitätsbehandlung unterzogen hatten, erkrankten an Brustkrebs.

Wurden für die statistische Analyse alle Altersgruppen betrachtet, so hatten Frauen mit IVF kein erhöhtes Risiko für Brustkrebs. Der HR-Wert lag bei 1,10.

Analysierten die Wissenschaftler allerdings gesondert die Daten von Frauen, die die Fertilitätsbehandlung im Alter von 24 Jahren begannen und bei denen eine IVF gemacht wurde, so lag der unbereinigte HR-Wert bei 1,59. Vergleichsgruppe waren gleichaltrige Frauen ohne IVF.

Kein erhöhtes Risiko ab 40 Jahren

Wurden bei der Berechnung ein höheres Alter bei der ersten Geburt sowie Mehrlingsgeburten berücksichtigt, so lag der HR-Wert immer noch bei 1,56.

Der Hintergrund der Korrektur: Späte Geburten sind mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert, Mehrlingsgeburten mit einem verminderten Risiko.

Frauen, die sich der Fertilitätsbehandlung mit 40 Jahren unterzogen und eine IvF machen ließen, hatten kein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Der HR-Wert in dieser Altersgruppe betrug 0,87.

Nach Ansicht der Wissenschaftler können die gewonnenen Daten Frauen beruhigen, die die Fertilitätsbehandlung erst beginnen, wenn sie in ihren 30er oder 40er Jahren sind: Eine direkte Assoziation zwischen In-vitro-Fertilisation und Brustkrebsrisiko scheint es dann nicht zu geben.

Sie schränken aber zugleich ein: Den Frauen sollte klar sein, dass eine späte Geburt - egal ob mit Hilfe der In-vitro-Fertilisation oder ohne - mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko einhergeht.

Das in dieser Studie entdeckte erhöhte Brustkrebsrisiko bei Frauen, die eine In-vitro-Fertilisation machen lassen, wenn sie noch jung sind, müsse allerdings noch in weiteren Studien bestätigt werden.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System