UND SO SEH' ICH ES

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen

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Wenn die Weste nicht nur befleckt, sondern so richtig schmutzig ist, kann man sie entweder wegwerfen oder reinigen lassen. Und dann ist sie, um bei Slogans zu bleiben, hoffentlich wieder porentief rein.

Wenn es aber um eine Weste im übertragenen Sinn geht, die dazu auch noch echt dreckig ist, dann gibt es wie in "Jakubowski und der Oberst" mit dem unvergessenen Curd Jürgens und Danny Kaye nur zwei Möglichkeiten: Entweder stellt man sich der Sache und der Öffentlichkeit, versucht alles offenzulegen, klopft sich an die eigene Brust und erklärt, daß so etwas nicht mehr passieren werde - und bereinigt so den Vorfall und säubert seine schmutzige Weste.

Die zweite Möglichkeit ist, daß man von sich selbst ablenkt und zum Angriff übergeht, am besten auf völlig anderem Gebiet, Zeter und Mordio schreit und hofft, daß dann die eigenen Sünden unbemerkt bleiben oder schnell in Vergessenheit geraten werden. Man könnte diese Methode auch ein Verhalten nach dem Muster nennen: "Haltet den Dieb", wenn man selbst gemopst hat.

Nach der zweiten Methode haben Hessischer Rundfunk (hr) und ARD gehandelt, als am Dienstag, 5. Juli, im ARD-Magazin "Plusminus", das zu einer guten Sendezeit ausgestrahlt wird, behauptet wurde - und man sich dabei auf die Staatsanwaltschaft berief -, daß jeder vierte Arzt in Hessen ein Betrüger sei.

Und der Redakteur der Sendung war da mit Worten nicht gerade zimperlich. Da wurde vom "Massenphänomen Abrechnungsbetrug" geredet, von "Korruption, Leichenfledderei und Selbstbedienungsladen Gesundheitswesen", und man hätte meinen können, daß die Ärzte die allerschlimmsten Verbrecher seien.

Da kann man der Redaktion des Magazins wahrlich kein "Plus" geben, sondern eher ein ganz dickes "Minus", weil sie grob gegen die Regeln des fairen Journalismus verstoßen hat. Da wurde groß und laut betont, daß die Staatsanwaltschaft 2400 Verfahren eingeleitet habe, aber man hat kaum erwähnt, daß viele dieser Verfahren wieder eingestellt wurden. Von seriösem Journalismus hat sich "Plusminus" damit meilenweit entfernt.

Man darf annehmen, der hr wollte mit diesen Angriffen wohl die Aufmerksamkeit des Publikums von den Betrügereien im eigenen Hause ablenken. Wie man weiß, sitzt der ehemalige Leiter der hr-Sportredaktion in Untersuchungshaft, da sein früherer Geschäftspartner inzwischen eingeräumt hat, daß der hr bestimmte Sportsendungen nur dann brachte, wenn ein entsprechender Umschlag seinen Eigentümer gewechselt hatte. Und der hr ist da offenbar keine Ausnahme.

Die TV-Produktionsfirma "Bavaria", eine Tochter der ARD und Mutter vieler Serien im Nachmittagsunterhaltungsprogramm, soll insofern käuflich gewesen sein, als in diesen Serien für Geld bestimmte Produkte publikumswirksam lanciert wurden. Jetzt laufen die Untersuchungen. Hinsichtlich der Produktionen des "Tatorts" in Münster wurden ähnliche Vorwürfe laut...

Diese Ablenkungsmanöver des Senders haben nur Schaden angerichtet. Beim Publikum, weil man wieder einmal zu Unrecht das Arzt-Patienten-Vertrauen untergraben hat, und geschadet hat sich der Sender auch selbst, weil sein Image noch mehr, als es schon aus der Natur der Sache heraus geschehen ist, ramponiert wurde. Es ist eine bekannte Weisheit, daß man, wenn im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte - meint

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