Ein tragikomischer Roman über das Leben und Sterben

Veröffentlicht:

Mitreißender, komischer, trauriger kann kaum über das Sterben geschrieben werden. Der niederländische Autor Kluun (Raymond van de Klundert) wagt sich mit seinem Erstlingsroman "Mitten ins Gesicht" an das schwierige Thema. Er hat Erfahrung damit, denn seine eigene Frau starb mit 36 Jahren an Krebs. So gelingt ihm eine autobiografische Geschichte, die atemlos macht.

Kluuns Protagonistin Carmen weiß, daß sie sterben wird, und das weiß auch Stijn, ihr Mann. Viele Freunde wissen, daß Stijn, der hormongetriebene Yuppie voller widersprüchlicher Gefühle, hin- und hergerissen ist zwischen seiner Lebenslust und seiner Fürsorge für die todgeweihte Ehefrau - nicht zu vergessen das gemeinsame Töchterchen.

    "Mitten ins Gesicht" ist ein Leseerlebnis.
   

Kluun berichtet darüber so unverblümt und direkt, daß seine Geschichte niemals unglaubwürdig wird. Man sieht die Kranke, die sich zwischendurch zu verschwenderischen Einkäufen aufraffen kann - sogar ein Haus wird noch erstanden.

Ihr körperliches Elend am Lebensende wird fühlbar, Kluun erzählt schonungslos, er treibt Tränen in die Augen. Rührend kümmert sich Stijn um die Kranke, pflegt sie, liest ihr Wünsche von den Lippen ab, liebt sie, auch körperlich.

Aber gleichzeitig verschafft sich Stijn sexuelle und seelische Erleichterung anderswo. Obwohl das eigentlich der todkranken Frau gegenüber, die seiner ausgeprägten Libido nicht mehr gerecht werden kann, gemein ist, kann man es ihm kaum verübeln. Stijn ist zwar ein Egomane, aber er trägt seine Carmen auf Händen. Kluun bekommt es hin, daß all diese Widersprüchlichkeiten logisch erscheinen.

Kluuns Überschriften sind Zitate aus Songs von Bruce Springsteen, Robbie Williams und vielen anderen. Kästchen im Text erklären dem Leser, um welche schicke Kneipe es gerade geht oder wer Nastasja ist. Kein Fußballspiel wird erwähnt, ohne in einer Fußnote das Ergebnis und die Mannschaftsaufstellung in Erinnerung zu bringen.

So wird dieser flott und spannend erzählte Roman auch optisch zu einem ungewöhnlichen Leseerlebnis. Doch niemals lenkt der Autor davon ab, worum es geht: Um eine unendlich traurige Geschichte. (dpa)

Kluun: Mitten ins Gesicht. Scherz-Verlag. Frankfurt am Main 2005. 362 Seiten. 14,90 Euro. ISBN 3-502-10030-6

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Freiwillige Selbstverpflichtung reicht Minister nicht

Özdemir will Lebensmittelproduzenten Reduktionsziele vorgeben

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen