Erste Hilfe für Obdachlose per Fahrrad

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BERLIN. Sie hat sich einiges vorgenommen für heute. Bis zu 50 Kilometer will Gabriela Allgaier mit ihrem schwarzen Trekkingrad zurücklegen. Gemeinsam mit einem Zivildienstleistenden will die gelernte Krankenschwester wieder durch Berliner Parks und an den grauen Bahntrassen der Millionen-Metropole entlang radeln, um obdachlosen Menschen Erste Hilfe anzubieten. Seit Sommer 2007 gibt es das bundesweit bislang einmalige Hilfsangebot, das "Medical Streetworker" heißt und vom Caritasverband für das Erzbistum Berlin getragen wird.

Von Thomas Hommel

Die Hilfsorganisation schätzt die Zahl der wohnungslosen Menschen in der Bundeshauptstadt auf 5000 und mehr. Das Leben auf der Straße ist hart und verlangt dem Körper nahezu alles ab. Herz-Kreislauf-Beschwerden, Hautkrankheiten oder Verletzungen durch Stürze und Misshandlungen - wie unlängst in Köln - gehören zum bitteren Alltag der Menschen ohne Dach über dem Kopf. Einen Arzt oder ein Krankenhaus suchen die wenigsten von ihnen auf - aus Scham oder aus Angst vor Repressalien durch Behörden.

"Die Idee zu einer Pflegesprechstunde per Fahrrad kam mir auf dem Weg zur Arbeit, den ich ebenfalls mit dem Rad unternehme", sagt Allgaier. "Ich habe in den Parks viele wohnungslose Menschen gesehen, die mir sonst nicht aufgefallen wären." Die Wege hin zu den Obdachlosen ließen sich mit dem Drahtesel obendrein wesentlich besser und vor allem schneller bewerkstelligen als zu Fuß. "Und mit unserem mobilen Arztbus, den wir bereits seit dem Jahr 1995 für obdachlose Menschen in Berlin anbieten und der wie eine kleine Arztpraxis eingerichtet ist, sind wir auf die Straße angewiesen. In die entlegenen Ecken und Winkel der Stadt kommt man damit nicht."

Hat Monika Allgaier einen Obdachlosen in einem Park oder unter einer Brücke erspäht, stellt sie sich ihm zunächst freundlich vor, fragt, ob er oder sie Hilfe braucht. In den kalten Monaten erleichtert ein heißer Tee, in der warmen Jahreszeit ein Becher Wasser den ersten Kontakt zu jenen Menschen, die meist scheu reagieren, sich aber dennoch freuen, "dass man sich für sie interessiert", wie Allgaier berichtet.

"Wichtig ist, dass die Menschen Vertrauen zu uns bekommen. Dazu gehört auch, dass wir ihnen sagen, dass alles anonym abläuft, wenn sie das möchten."

In den zwei roten Packtaschen, die rechts und links an ihrem Rad hängen, trägt die Krankenschwester alles bei sich, was für eine erste medizinische Versorgung nötig ist: Verbandszeug, Wundsalben, Medikamente, Tee, Saft und auch Müsliriegel. "Wenn es mit einem Pflaster oder einer Tablette nicht getan ist, nehme ich per Handy Kontakt zum Arzt im Bus auf und spreche mit ihm das weitere Vorgehen ab."

So kann es vorkommen, dass eine Behandlung in einer nahegelegenen Arztpraxis oder in einer Klinik nötig ist. "Manche Obdachlose sind bereit dazu, mit mir dahin zu gehen", sagt Allgaier. Ein großes Problem sei nicht die Versichertenkarte, sondern die fehlenden zehn Euro Praxisgebühr. Deshalb übernehmen wir das dann."

Finanziert wird die radelnde Sprechstunde, die mittlerweile auch in anderen Großstädten wie Hamburg oder Frankfurt am Main auf großes Interesse stößt, aus Mitteln der Caritas, des Berliner Senats sowie aus Spenden von Privatleuten und Unternehmen. "Zu unseren Unterstützern gehören auch Firmen, die uns kostenlos Verbandsmittel oder Medikamente kostenlos zur Verfügung stellen."

Was derzeit noch fehle, sagt Allgaier, sei eine geeignete Ausrüstung und Bekleidung für kalte Regentage. "Da könnten wir noch dringend einen Sponsor gebrauchen."

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