Ein neues Herz beschert Wolfgang Pritz zwei Geburtstage

LANGENHAGEN (dpa). Dass Wolfgang Pritz noch lebt, verdankt er einem Toten. Vor fast fünf Jahren bekam der zweifache Vater das Herz eines anonymen Spenders eingepflanzt. "Damit hat mein neues Leben angefangen."

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Ein krankes Herz wird entnommen. Mit dem Einsetzen eines Spender- organs besteht die Chance, weiter leben zu können.

Ein krankes Herz wird entnommen. Mit dem Einsetzen eines Spender- organs besteht die Chance, weiter leben zu können.

© Foto: dpa

"Wir feiern den 24. August heute noch wie den Geburtstag", erzählt der 55-Jährige auf der Terrasse seines Hauses in Langenhagen bei Hannover. Seine Frau Rita ergänzt: "Wenn es diese Person nicht gegeben hätte, hätte mein Mann es nicht geschafft." Denn Pritz, der in jenem heißen Sommer in der Klinik lag, ging es täglich schlechter. Und nicht jeder Patient in einer ähnlichen Lage hat das gleiche Glück, rechtzeitig ein passendes Spenderorgan zu bekommen.

"Wir verlieren etwa jeden Dritten auf der Warteliste", sagt Professor Axel Haverich, Direktor eines der größten Transplantationszentren in Norddeutschland an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Zwar ist die Zahl der Spender bundesweit gestiegen, jeder achte Mensch hat nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation einen Spenderausweis. Mehr als 4000 Patienten konnte so 2007 mit einer Transplantation geholfen werden, allerdings hoffen dreimal so viele auf den erlösenden Anruf mit der Nachricht: "Wir haben ein Organ für Sie."

Wolfgang Pritz besaß keinen Spendeausweis. Der Verwaltungsangestellte war ein sportlicher Typ, spielte in der Freizeit Squash. Sein Albtraum begann mit einer verschleppten Grippe und einer zu spät erkannten Herzmuskelentzündung. Bald schon schaffte er kaum noch die Treppe zum Schlafzimmer im ersten Stock seines Hauses. Am 6. August 2003 blieb sein Herz stehen - glücklicherweise erst in der Notaufnahme der MHH. Die Reanimation gelang, ohne dass Schäden blieben. Doch danach hieß es für Pritz nur noch Warten.

War es nicht makaber zu hoffen, dass irgendwo jemand stirbt, der sein Herz zur Verfügung stellt? "Ich wollte einfach nur leben", so Pritz. Schon vor der Operation habe er sich den Rat eines Psychologen eingeprägt: "Sie müssen das als Ersatzteil sehen." Tatsächlich belastet viele Patienten eine Transplantation auch psychisch. Nach der ersten Erleichterung quält sie wenige Tage nach der Op der Gedanke: Da musste jemand sterben, damit ich lebe. "Eine typische Reaktion", sagt Professor Haverich.

Die psychologische Begleitung hat deshalb an der MHH einen hohen Stellenwert. Derzeit entsteht auf dem Gelände ein "Ort der Stille und der Dankbarkeit", an dem sich Angehörige von Spendern in ihrer Trauer sowie transplantierte Patienten und deren Familien versammeln können. Wolfgang Pritz hat am Tag der Organspende vergangenen Samstag an der MHH hinter einem Informationsstand gestanden.

Seine Prognose ist günstig. "Ich schreibe immer häufiger Glückwunschkarten an Patienten, die sogar 20 Jahre mit einem neuen Herz überleben", berichtet Haverich. Dennoch ist sich Pritz der Endlichkeit des Lebens jetzt bewusster. "Meine Frau bremst mich oft, weil für mich jetzt alles noch schneller gehen muss. Ich habe Angst, etwas zu verpassen", erzählt der 55-Jährige, der wieder voll arbeitet. Neulich habe er mit seiner Frau sogar den Hannover Marathon geschafft. "Das waren zehn Kilometer", erzählt er stolz.

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