Song-Zitate in Studien

Bob Dylan - heimlicher Strippenzieher der Forschung?

Anfangs eine Uni-Wette, nun wissenschaftliche Studie: Schwedische Forscher haben Dylan-Zitate in ihre Arbeiten gestreut - und gemerkt, dass sie damit nicht allein sind.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Haben Bob Dylan-Zitate in Studien gezählt: die Forscher vom Karolinska Institut in Stockholm.

Haben Bob Dylan-Zitate in Studien gezählt: die Forscher vom Karolinska Institut in Stockholm.

© BMJ

STOCKHOLM. Wie groß ist der Einfluss des US-Musikers Bob Dylan auf die biomedizinische Forschung? Dylan selbst würde diese Frage vielleicht mit einem lapidaren "The answer is blowing in the wind" beantworten. Tatsächlich jedoch haben sich schwedische Wissenschaftler am Karolinska Institut in Stockholm genau mit dieser Fragestellung befasst.

Ihre Forschungsergebnisse haben sie zum Jahresende in der für ihre humorvollen Beiträge berühmten Weihnachtsausgabe des "British Medical Journal" vorgestellt (BMJ 2015:351:h6505).

Die ungewöhnliche Studie, für die der Bibliothekar Carl Gornitzki, die Statistikerin Agne Larsson und der Umweltmediziner Professor Bengt Fadeel verantwortlich zeichnen, geht auf eine 1997 im Magazin "Nature Medicine" von Kollegen veröffentlichte Forschungsarbeit zurück: "Nitric oxide and inflammation: The answer is blowin‘ in the wind". In den folgenden Jahren streuten weitere Kollegen der renommierten Uni Dylan-Zitate in ihre Publikationen ein.

Plötzlich international bekannt

Was als hausinterne Wette begann, erregte nach einer Veröffentlichung im "KI-Bladet", einem Mitteilungsheft des Karolinska Instituts, 2014 so breite Aufmerksamkeit, dass selbst der britische "Guardian" und die "Washington Post" über Dylan-Zitate in wissenschaftlichen Publikationen berichteten.

Daraufhin entschieden sich Gornitzki und seine Kollegen im vergangenen Mai, ihre Spaßarbeit nach allen Regeln der wissenschaftlichen Kunst noch einmal zu erneuern. Unter dem Titel "Freewheelin‘ scientists: citing Bob Dylan in the biomedical lecture" ist ihre Arbeit erschienen.

Die früheste Arbeit, die den vielleicht einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts zitiert, erschien 1970 im "Journal of Practical Nursing", acht Jahre nach Dylans Debütalbum. Für ihre Recherche haben Gornitzki und Kollegen die Titel aller Dylan-Songs und -Alben in Medline (Medical Literature Analysis and Retrieval System Online) eingespeist, einer öffentlich zugänglichen bibliografischen Datenbank des US-amerikanischen National Center for Biotechnology Information.

Von den ursprünglich 727 Ergebnissen konnten 213 Dylan-Zitaten zugeordnet werden.

Seit 1990 werden Zitate immer populärer

Überrascht waren die schwedischen Wissenschaftler, dass der Einfluss des heute 74-jährigen auf die biomedizinische Forschung in den 1970er Jahren, also auf dem Höhepunkt seiner Popularität, verhältnismäßig gering ausfiel. Seit 1990 jedoch huldigen ihm weltweit immer mehr Forscher. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Dylans meistzitierter Song ist mit weitem Abstand "The times they are a-changin‘" (135 Erwähnungen) vor "Blowin‘ in the wind" (36). Weitere Songs, die Wissenschaftler gern als Referenz für ihre eigene Forschung anführen, sind "Like a rolling stone", "Knockin‘ on heaven's door" oder "Simple twist of fate".

Dabei werden manche Liedzeilen regelrecht verballhornt wie beispielsweise in einer epigenetischen Arbeit mit dem Titel "Like a rolling histone" oder in einer Studie über Kreuzblütengewächse, die unter der Überschrift "Knockin‘ on pollen's door" veröffentlicht wurde.

Größere Aufmerksamkeit?

Bob Dylan, der 1941 als Robert Allen Zimmerman geboren wurde, ist Ehrendoktor der Universitäten Princeton und St. Andrews, Träger des Pulitzer-Sonderpreises und der vom US-Kongress verliehenen National Medal of Arts sowie Mitglied der American Academy of Arts and Letters und Akademie der Künste Berlin.

Er selbst hätte sich auch eine medizinische Laufbahn vorstellen können, wie er Anfang der 1980er Jahre in seinem Song "Don't fall apart on me tonight" bekannte: "I wish I'd have been a doctor/Maybe I'd have saved some life that had been lost/Maybe I'd have done some good in the world/‘Stead of burning every bridge I crossed."

Ob die Dylan-Zitate den Studien auch größere Aufmerksamkeit bescheren? Auch das haben die Forscher vom Karolinska Institut untersucht. Ihre Antwort: wahrscheinlich nicht. Oder wie Dr. Dylan antworten würde: "The answer is blowin‘ in the wind".

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