Bürger wollen die passgenaue GKV-Police

BERLIN (ble). Die Bundesbürger wünschen sich mehr Möglichkeiten, die Angebote der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf ihre eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger Strategy Consultants (RBSC) unter 1000 Bundesbürgern.

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Danach wären 66 Prozent der Deutschen bereit, ihrer gesetzlichen Kasse mehr Beitrag zu zahlen, wenn diese im Gegenzug höhere Zuschüsse, etwa für den Zahnersatz, garantiert. Für unterstützende Leistungen für Alleinlebende würden 58 Prozent der Befragten ihrer Kasse einen höheren Beitrag zahlen, für die Chefarztbehandlung immerhin noch 32 Prozent. Insgesamt wären die Befragten bereit, im Durchschnitt monatlich 19 Euro zusätzlich zum bisherigen GKV-Beitrag zu zahlen.

Auf der anderen Seite wünschen sich die Deutschen der Umfrage zufolge auch Möglichkeiten, den bisherigen Leistungskatalog ihrer Kasse auszudünnen, wenn damit finanzielle Entlastungen für sie verbunden sind. So würden sich 66 Prozent der Umfrageteilnehmer in ein Hausarztmodell einschreiben, um Geld zu sparen. 62 Prozent der Deutschen würden sich verpflichten, sich gesund zu verhalten, 24 Prozent einen jährlichen Selbstbehalt akzeptieren, 17 Prozent eine Einschränkung der Arztwahl.

Bürger votieren gegen den Ausschluss von Krankheiten

Allerdings gaben nur acht Prozent der Befragten an, dass sie auch einen Ausschluss von Krankheiten aus dem Leistungsangebot ihrer Kasse akzeptieren würden. Durchschnittlich erwarten die Befragten für die Minderleistungen einen um 32 Euro im Monat geringeren Beitrag zu ihrer Kasse.

Für Joachim Kartte von RBSC zeigt die Umfrage, dass die Bürger auf Veränderungen im Gesundheitswesen bereits vorbereitet sind. Die Bürger wollten ein anderes Gesundheitsangebot und seien auch bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen, so Kartte bei der Vorstellung der Umfrage gestern in Berlin.

Der Studie zufolge begrüßen die Bürger auch weitere neue Dienstleistungen: So können sich 73 Prozent der Deutschen vorstellen, ihr eigenes Heim mit Technik ausrüsten zu lassen, um etwa medizinische Daten wie den Blutdruck zu Hause zu messen und an eine Kontrollstation zu übermitteln. 44 Prozent der Deutschen befürworten einen lebenslangen Ansprechpartner in Gesundheitsfragen. Ebenso viele Bürger stehen nicht-medizinischen Angeboten in Arztpraxen, wie Sportprogrammen, Kosmetikbehandlungen, Ernährungsberatung positiv gegenüber. Dazu passt, dass 57 Prozent der Bürger der Meinung sind, dass ein Arzt auch Geschäftsmann sein darf. 81 Prozent der Befragten gab an, Angebote für Vorsorgeprogramme beim Hausarzt wahrnehmen zu wollen.

Die Rolle der Kassen bewerten die Bürger weitgehend positiv. Sie wünschen sich jedoch mehr Steuerung: Nur knapp jeder Zweite ist der Meinung, dass die Kasse sich auf die Bezahlung von Therapien beschränken soll. Dagegen wünschen sich vier von fünf Bürgern Beratung in Gesundheitsfragen . 85 Prozent der Befragten wollen, dass ihre Kasse mit den behandelnden Ärzten Behandlungsmethoden abstimmt, 79 Prozent plädieren dafür, dass sie die beste Behandlungsoption sogar aussucht.

Nur 13 Prozent würden bei Niedergelassenen sparen

Trotz des starken Wunsches nach einer aktiveren Rolle der Kassen bei der Therapie erkennen die Bürger die Rolle der Ärzte in der Versorgung weiter an: So sprechen sich nur 13 Prozent der Befragten dafür aus, die Zahl der Ärzte oder Krankenhäuser einzuschränken, um Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu senken. Darunter rangieren mit jeweils zehn Prozent nur noch die Vorschläge, den Leistungskatalog zu kürzen oder den Beitragssatz zu erhöhen.

Die meiste Zustimmung zur Kostensenkung finden die Förderung der Prävention (83 Prozent) sowie der Vorschlag höherer GKV-Beiträge bei ungesunder Lebensweise. Allerdings erwartet eine große Mehrheit der Befragten trotz aller Sparmaßnahmen weiter steigende Beiträge zur GKV.

Nach Schätzungen von RBSC wird der sogenannte Zweite Gesundheitsmarkt für Selbstzahlerleistungen in diesem Jahr ein Volumen von 64 Milliarden Euro erreichen und damit gegenüber 2007 um vier Milliarden Euro zulegen.

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