Müller geht - das Regress-Risiko bleibt

Carl-Heinz Müller, der Kämpfer: Für sein letztes großes Anliegen, die Abschaffung der Regresse, hat er sogar mit seinem Rücktritt gedroht. In wenigen Wochen nimmt Müller seinen Hut - nicht alle Ziele hat er erreicht.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Noch-KBV-Vize Müller: "Der EBM ist für Hausärzte zurzeit zu pauschalisiert. Wir brauchen neue Ziffern."

Noch-KBV-Vize Müller: "Der EBM ist für Hausärzte zurzeit zu pauschalisiert. Wir brauchen neue Ziffern."

© KBV

BERLIN. Im März ist Schluss - Dr. Carl-Heinz Müller nimmt nach seiner fast fünfjährigen Amtszeit als Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) seinen Hut.

Sein Resümee für die "spannende Zeit" in der KBV hat er auf zehn Seiten zusammengefasst. Der Grundtenor ist: Es sind nur wenige Ziele, die er aus seiner Sicht nicht erreicht hat.

Einer der größten Erfolge für beide KBV-Vorstände sei es gewesen, dass die Trennung der haus- und fachärztlichen Vergütung innerhalb der Selbstverwaltung erfolgt sei. Doch für seinen künftigen Nachfolger bleibe noch genügend Arbeit, so Müller.

Eine prioritäre Aufgabe sei nach wie vor die Anpassung des EBM. Dieser sei im Moment für Hausärzte zu "pauschalisiert", so Müller. Fünf bis zehn neue Ziffern seien notwendig, um die Morbidität der Patienten besser widerzuspiegeln.

Die Grundpauschale müsse gesenkt, mit dem frei werdenden Geld könnten zeitintensivere Behandlungen entsprechend besser vergütet werden.

Der Regress mus weg

Vor allem eine Forderung bleibt für Müller bestehen: "Der Richtgrößenregress muss abgeschafft werden." Es war eines der wichtigsten Ziele der KBV und von Müller persönlich, dies mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz, das zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, durchzusetzen.

Das ist nicht gelungen. "Doch wir haben Etappenziele erreicht", betonte Müller.

Immerhin sei "Beratung vor Regress" gesetzlich verankert worden. Ärzte, die zum ersten Mal die Richtgrößen um mehr als 25 Prozent überschreiten, haben nun Anspruch auf eine Beratung.

Darüber hinaus soll das Wirkstoffmodell, dass die KBV gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Apothekerverbände entwickelt hat, in einer Modellregion getestet werden.

Dies sieht vor, dass Ärzte künftig Wirkstoff, Menge und Dosierung verschreiben, die Apotheker hingegen das konkrete Arzneimittel festlegen. Müller glaubt: Kassen könnten mit diesem Modell überzeugt werden, auf die Richtgrößenprüfung zu verzichten.

Niederlassung für viele Ärzte unattraktiv

Diese "Etappenziele" seien notwendig: Immerhin erklärten laut einer Umfrage der KBV im Jahr 2010 rund 50 Prozent der angehenden Ärzte, dass drohende Regressforderungen die Niederlassung unattraktiv mache.

"Die jungen Ärzte sind nicht mehr bereit, ein solches finanzielles Risiko zu tragen", so Müller.

Handlungsbedarf sieht Müller auch bei den Milliarden-Überschüsse der Krankenkassen. Sie sollten verpflichtet werden, einen Teil ihrer Einnahmen für Innovationen zu investieren.

Für die KBV-Vertragsmodelle - wie zum Beispiel für ADHS oder Palliativversorgung - sei es nach wie vor zu schwierig, auf Kassenseite Vertragspartner zu finden.

Diese zögen sich häufig darauf zurück, dass sie trotz Milliardenüberschüsse für schlechtere Zeiten sparen müssten und kein Geld investierten könnten.

"Versicherte haben ein Recht darauf, eine verbesserte Versorgung zu erhalten. Wir können uns keinen Stillstand erlauben", so Müller.

Im Dezember 2011 hatte Müller seinen Rücktritt bekannt gegeben. Ab dem 1. März wird der 56-Jährige wieder in seiner Hausarztpraxis in Rheinland-Pfalz arbeiten.

Sein Nachfolger soll im Mai auf der KBV-Vertreterversammlung in Nürnberg gewählt werden. KBV-Chef Dr. Andreas Köhler wird bis dahin ein fünfköpfiges Gremium zur Beratung in hausärztlichen Fragen zur Seite stehen.

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