Rheinland-Pfalz

Ist die Weiterbildungsförderung bis 65 peinlich?

Theoretisch und unter bestimmten Umständen können Ärzte in Weiterbildung sich bis zum Rentenalter von KV und Kassen fördern lassen. Danach ist allerdings Schluss. "Ganz schön peinlich" finden dies einige Delegierte der VV in Rheinland-Pfalz.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Die Kassen und KV öffnen den Geldtopf für ärztliche Weiterbildung bis 65 Jahre.

Die Kassen und KV öffnen den Geldtopf für ärztliche Weiterbildung bis 65 Jahre.

© Gina Sanders / Fotolia

MAINZ. Seit gut zwei Jahren existiert in Rheinland-Pfalz die Richtlinie zur Förderung der Weiterbildung. Bei der jüngsten Vertreterversammlung hat sie nun allerdings für Streit gesorgt. Denn die leichten Anpassungen, die Dr. Nadja Moreno, Leiterin der Abteilung Sicherstellung, den Delegierten vorstellte, führte bei näherer Betrachtung zu einer Grundsatzdiskussion über die Versorgung.

Laut Paragraf 75a SGB V erhalten Ärzte in allgemeinmedizinischer Weiterbildung einen monatlichen Gehaltszuschuss von 4800 Euro, finanziert von KVen und Kassen – in unterversorgten und von Unterversorgung bedrohten Gebieten sind weitere Zuschüsse möglich. In Rheinland-Pfalz sind darüber hinaus acht weitere Facharztgruppen definiert, die die Förderung erhalten können.

Richtlinie wird verfeinert

In den vergangenen zwei Jahren habe die KV Erfahrungen gemacht und Erkenntnisse gewonnen, die "uns dazu veranlasst haben, die Richtlinie an einigen wenigen Stellen zu verfeinern", so Moreno. Konkret ging es um diese Punkte:

  • KV-Eigenbetriebe: Auch Ärzte, die in Eigenbetrieben der KV Rheinland-Pfalz weitergebildet werden, sollen Förderung erhalten können.
  • Altersgrenze: Ärzte, die das 65. Lebensjahr zu Beginn der geförderten Weiterbildung bereits vollendet haben, sollen grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen werden.
  • Fortzahlung bei Beschäftigungsverbot: Wenn ein Beschäftigungsverbot aufgrund von Schwangerschaft ausgesprochen wird, erhält die Ärztin die Förderung für sechs Wochen weiter. Künftig soll nur noch dann weiter gefördert werden, wenn nachgewiesen wird, dass nicht von einer anderen Stelle eine Zahlung verfolgt, wie zum Beispiel durch das sogenannte U2-Verfahren (Entgeltfortzahlung bei Mutterschaft und Krankheit), bei dem die Arbeitgeberaufwendungen zu 100 Prozent von der Kasse erstattet werden. Das Gleiche gilt auch für Krankheitsfälle.
  • Zwei neue förderfähige Facharztgruppen: Künftig können auch vier Weiterbildungsstellen in der Chirurgie und fünf in der Nervenheilkunde gefördert werden – zunächst nur in den Fördergebieten des Strukturfonds. Die Kassen hätten dies zunächst abgelehnt, die KV hätte aber dafür gekämpft und sich schließlich auch durchgesetzt. "Wir haben nun den Fuß in der Tür und wollen beim nächsten Mal versuchen, hier noch eine Erweiterung hinzubekommen", sagte Moreno.

Während die meisten Änderungspunkte ohne Rückfragen hingenommen wurde, gab es bei der Frage der Altersgrenze Klärungsbedarf und Diskussion. "Hintergrund ist hier, dass wir eine Handvoll Fälle hatten, bei denen Ärzte, die bereits über 70 waren, einen Antrag auf Förderung gestellt haben", erläuterte Moreno.

Es sei bei diesen Anträgen nicht erkennbar gewesen, dass der Antragsteller noch weiter im System habe bleiben wollen.

Rechtlicher Rahmen fehlte

Trotzdem habe die KV keine Möglichkeit gehabt, hier eine Ablehnung auszusprechen – weil die rechtliche Grundlage fehlte. "Durch den neuen Absatz 3 im Paragraf 1 der Richtlinie soll diese nun geschaffen werden", so die Abteilungsleiterin.

Allerdings wolle man niemanden davon abhalten, auch in fortgeschrittenen Jahren noch als Hausarzt in die Versorgung zu gehen. In Paragraf zwölf gebe es deshalb weiter eine Härtefallregelung: "Wenn jemand, der älter als 65 ist und erkennbar im System bleiben möchte, eine geförderte Weiterbildung machen will, ist es möglich, dass der Vorstand in besonders gelagerten Einzelfällen eine abweichende Entscheidung treffen kann", sagte Moreno.

Bei einigen Delegierten sorgte die hohe Altersgrenze für extreme Irritation. "Ich finde das peinlich", fand Dr. Gundolf Berg, Kinder- und Jugendpsychiater aus Mainz, deutliche Worte. Ihm sei durchaus klar, dass auch ältere Kollegen sehr gut arbeiten könnten. Doch für sie sei die Förderung nicht gedacht.

Ursprünglich habe man überlegt, die Grenze bei 55 zu ziehen – doch momentan sei man "für jeden, der einsteigt, dankbar", betonte Nadja Moreno. Das sah auch Dr. Sigrid Schiller, psychologische Psychotherapeutin aus Mainz, so: "Die Not ist da, die Ärzte werden jetzt gebraucht!"

Das sahen offenbar auch die meisten anderen der 40 Delegierten so. Die Änderungen der Förderrichtlinie wurden mit einer Gegenstimme und drei Enthaltungen abgesegnet – inklusive der Altersgrenze von 65.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Weiterbildungsförderung: KV mit Schutzfunktion

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