GASTBEITRAG
Urteil zum Schuldzinsabzug ist eine bittere Pille für Kooperationen
Schuldzinsen sind laut Gesetz Betriebsausgaben, wenn Sie durch die Praxis bedingt sind. Der Fiskus sieht aber sehr genau hin, ob die Schulden privat oder betrieblich bedingt sind - und begrenzt entsprechend den Abzug der Schuldzinsen. Für Ärzte in Gemeinschaftspraxen/Berufsausübungsgemeinschaften hat sich jetzt durch ein aktuelles Urteil die Rechtslage verschlechtert.
Veröffentlicht:Der Gesetzgeber hat den Gewinn im Einkommensteuergesetz ganz allgemein als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben definiert (Paragraf 4). Durchlaufende Posten - im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmte oder verausgabte Posten - scheiden aus. Zusätzlich heißt es auch, dass bestimmte Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen! Dazu zählen unter anderem Schuldzinsen, die durch Überentnahmen entstanden sind. Was bedeutet das?
Betrieblich bedingte Zinsen sind abzugsfähig
Entscheidend ist die Höhe der Überentnahme | ||||
Die Wirkung von Überentnahmen in einer Einzelpraxis (Zahlen in Euro) | ||||
Einzelpraxis |
Beispiel 1
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Beispiel 2
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Gewinn |
120 000
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100 000
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Gewinn ohne Schuldzinsen |
155 000
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35 000
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Einlagen |
40 000
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160 000
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20 000
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120 000
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Entnahmen |
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180 000
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180 000
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Überentnahme |
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-20 000
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-60 000
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Tatsächlich gezahlte Zinsen |
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35 000
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35 000
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Nicht abzugsfähig: 6% der Überentnahme |
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1200
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3600
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"Freibetrag" |
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2050
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2050
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Dem Gewinn hinzu zu rechnen |
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0
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1550
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Gewinn |
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120 000
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101 550
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Quelle: Dagmar Kayser-Passmann, Tabelle: ÄRZTE ZEITUNG |
Grundsätzlich sind Schuldzinsen, die durch die Praxis veranlasst sind - wie etwa Kredite zur Anschaffung von Inventar -, als Betriebsausgaben abzugsfähig. Auch Kontokorrentzinsen zählen dazu. Allerdings darf der negative Kontostand beziehungsweise der Kredit nicht dadurch entstanden sein, dass mehr Gewinn entnommen als tatsächlich erwirtschaftet wurde - also durch Überentnahmen.
Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen übersteigen. Und die durch Überentnahmen entstandenen Schuldzinsen dürfen den Gewinn nicht mindern. Zur Vereinfachung - wobei man darüber streiten kann, was daran einfach ist - hat die Finanzverwaltung ein Berechnungsschema im Gesetz verankert, mit dem die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen mit einem Satz von sechs Prozent der Überentnahmen ermittelt werden. Dabei bleibt eine Bagatellgrenze von 2050 Euro außer Ansatz, eine Art Freibetrag.
Neue Rechtslage trifft auch Gemeinschaftspraxen | ||||
Überentnahmen in Berufsausübungsgemeinschaften (Zahlen in Euro) | ||||
Berufsausübungs- gemeinschaft |
Gesamt | A | B | C |
Gewinn |
100 000
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33 333
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33 333
|
33 334
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Überentnahme gesamt |
60 000
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30 000
|
30 000
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Zinsaufwand |
35 000
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11 666,67
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11 666,67
|
11 666,66
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nicht abzugsfähig 6% der Überentnahme |
3600
|
0
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1800
|
1800
|
Max. "Freibetrag" (pro Gesellschaft) |
2050
|
683,33
|
683,33
|
683,33
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Alte Rechtslage: Freibetrag pro Gesellschafter |
6150
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2050
|
2050
|
2050
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Dem Gewinn hinzuzurechnen nach jetziger Rechtslage |
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0
|
1116,67
|
1116,67
|
Dem Gewinn hinzu zu rechnen nach alter Rechtslage |
|
0
|
0
|
0
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Gewinn jetzige Rechtslage |
102 233,34
|
33 333
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34 449,67
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34 450,67
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Gewinn alte Rechtslage |
100 000
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33 333
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33 333,--
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33 334,--
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Quelle: Dagmar Kayser-PassmannTabelle: ÄRZTE ZEITUNG |
Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Der Gewinn einer Arztpraxis liegt bei 120 000 Euro (ohne Berücksichtigung der Schuldzinsen), die Einlagen betragen 40 000 Euro. Der Praxischef entnimmt 180 000 Euro - was einer Überentnahme von 20 000 Euro entspricht. Die tatsächlich gezahlten Schuldzinsen liegen bei 35 000 Euro. Sechs Prozent der Überentnahme sind nicht abzugsfähig, das sind 1200 Euro. Da dies weniger ist als der Freibetrag, können die Schuldzinsen vollständig von der Steuer abgezogen werden. In der Tabelle finden Sie ein zweites Beispiel, wo die Überentnahme so hoch ist, dass nicht mehr alles abgezogen werden kann.
Der Freibetrag fällt in Kooperationen nur einmal an
An dieses auch schon kompliziert anmutende Schema haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) - schon vom 29. März 2007 -, das jetzt veröffentlicht wurde, ist jedoch für Berufsausübungsgemeinschaften eine bittere Pille. Mit diesem Urteil wurde entschieden, dass die Überentnahmen und der Hinzurechnungsbetrag gesellschafterbezogen zu ermitteln sind, der Kürzungshöchstbetrag jedoch praxisbezogen nur einmal gewährt wird. Das heißt, dass sich alle Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft den Freibetrag für Überentnahmen teilen müssen.
An einer Abwandlung des obigen Beispiels 2 wird diese Konsequenz für die Praxis deutlich (s. Tabelle Neue Rechtslage): Eine Berufsausübungsgemeinschaft, an der die Gesellschafter A, B und C paritätisch beteiligt sind, hat insgesamt einen Gewinn von 135 000 Euro, an den Überentnahmen sind nur B und C beteiligt, alle sonstigen Daten bleiben gleich. Weil der Freibetrag aufgeteilt wird, kommen B und C - obwohl ihre Überentnahmen nicht hoch sind - sofort über den Freibetrag. Im Klartext: Je mehr Gesellschafter beteiligt sind, umso höher ist im Vergleich zur alten Rechtslage bei gleichen Bedingungen der ermittelte Gewinn - und damit leider auch die Steuer.
Dagmar Kayser-Passmann, Diplom-Finanzwirtin, Steuerberaterin, Geschäftsführerin und Partnerin der metax