Kurz gefragt

"Die Immobilie ist für Anleger ein wichtiger Stabilitätsanker"

Wie entwickeln sich Zinsen und Immobilienmärkte? Dr. Jens Wohlfahrt, Baufinanzierungsexperte bei der Deutschen Bank, gibt im Kurzinterview eine Einschätzung ab.

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Dr. Jens Wohlfahrt, Baufinanzierungsexperte bei der Deutschen Bank.

Dr. Jens Wohlfahrt, Baufinanzierungsexperte bei der Deutschen Bank.

© Deutsche Bank

Ärzte Zeitung: Es ist vier Monate her, da erwarteten fast alle steigende Zinsen. Dann brach die Euro-Schuldenkrise aus. Nun sind wir wieder auf historisch niedrigem Niveau. In welche Richtung geht es jetzt?

Dr. Jens Wohlfahrt: Ein Ende der niedrigen Zinsen ist vorerst nicht in Sicht. Darlehen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren sind aktuell mit einer effektiven Verzinsung von deutlich unter 4 Prozent zu haben. Baugeld ist damit wieder so günstig wie vor einem Jahr.

Der Grund liegt in der Unsicherheit an den Kapitalmärkten. Viele Investoren, denen die europäische Schuldenkrise Sorgen bereitet, suchen Sicherheit und finden sie vor allem in deutschen Bundesanleihen.

Bei wachsender Nachfrage sinkt die Rendite dieser erstklassigen Papiere, die sogenannte Umlaufrendite. Daran orientieren sich dann die Zinsen für Baufinanzierungen.

Ärzte Zeitung: Was empfehlen Sie Anlegern, die überlegen, ein Haus zu kaufen oder anderweitig in Immobilien zu investieren? Noch ein wenig abwarten? Oder jetzt kaufen?

Wohlfahrt: In den derzeit volatilen Märkten ist die Immobilie für Kapitalanleger zunehmend ein wichtiger Stabilitätsanker. Niedrige Zinsen machen den Kauf und auch Modernisierungsmaßnahmen weiterhin attraktiv.

Dennoch ist eine ganzheitliche Betrachtung notwendig und hierzu gehören eben auch der Objektpreis, gute Mietrenditen und alle laufenden Kosten.

Ärzte Zeitung: Für welche Anleger, die zu höheren Zinsen Kredite aufgenommen haben, lohnt sich eine Umschuldung?

Wohlfahrt: Eine Umschuldung kann sich grundsätzlich für jeden Anleger lohnen. Nach Ablauf der 10 jährigen Zinsbindung kann sich der Kapitalanleger erneut das beste Angebot am Markt suchen.

Vier Jahre vor Ablauf der Baufinanzierung können sich Hausbesitzer bereits um ihre Anschlussfinanzierung kümmern - und sich dabei gleich das aktuell günstige Zinsniveau für später sichern.

Hierfür bieten die Kreditinstitute sogenannte Forward-Darlehen an. Je nach Zinsvorteil kann der Anbieterwechsel einen Vorteil im vierstelligen Euro-Bereich bringen.

Ärzte Zeitung: Worauf sollte ein Anleger bei einer Umschuldung achten?

Wohlfahrt: Auf das richtige Finanzierungskonzept und auf die Übernahme der Umschuldungskosten. Einige Banken verzichten bei einem Anbieterwechsel auf die Forward-Aufschläge, die normalerweise für eine Zinsfestschreibung im Voraus fällig werden.

Bei ablaufender Zinsbindung sollten sich Hausbesitzer wie bei einer neuen Finanzierung nach den günstigsten Angeboten umsehen. Die Kosten der Umschuldung werden von einigen Instituten sogar übernommen.

Ärzte Zeitung: Teilweise wird in Medien über eine "Immobilienblase" geschrieben. Wie sehen Sie die weitere Wertentwicklung von Immobilien in Deutschland?

Wohlfahrt: Im Gegensatz zu vielen europäischen Nachbarländern zeigt sich der deutsche Immobilienmarkt unbeeindruckt von der Wirtschafts- und Finanzkrise. Eine geringe Wohnungsbautätigkeit und höhere Einkommen sorgen für steigende Wohnungsmieten und Objektpreise.

Die Volatilität an den Börsen wird die Nachfrage nach Immobilien in Top-Lagen weiter ankurbeln. In den Ballungsgebieten haben wir aufgrund der hohen Nachfrage bereits heute einen deutlichen Preisanstieg.

Die Fragen stellte Hauke Gerlof.

Lesen Sie dazu auch: Treibt die Eurokrise Baugeld in die Höhe? Wie sicher ist Betongold in turbulenten Zeiten?

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