Impfen in der Praxis
Kinder gehören zu den Impfkandidaten
Vakzine stehen für Kinder ab sechs Monaten zur Verfügung – die Impfrate ist jedoch gering. Experten fordern eine frühzeitige Grippeschutzimpfung, um nicht nur die Kinder selbst vor schweren Verläufen schützen, sondern auch dazu beizutragen, die Verbreitung innerhalb von Familien zu verhindern.
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Zu den wichtigsten Standard-Impfungen in der allgemeinärztlichen Praxis gehört jene gegen Influenza. Sie schützt vor der saisonal auftretenden Erkrankung, die vor allem, aber nicht nur bei Risikogruppen sehr schwer verlaufen kann. Immerhin bedingt die Grippe pro Jahr eine Übersterblichkeit von 10.000–30.000 Menschen [1]. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird für einen guten Schutzeffekt eine Impfrate von 75 % innerhalb der Risikogruppen empfohlen [2].
Nicht nur chronisch kranke Kinder sind gefährdet
Im Influenza-Management wurden Kinder bislang oftmals vernachlässigt. Dabei betreffen etwa 25 % aller Influenza-Infektionen die Altersgruppe bis 15 Jahre [1]. Das Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V. schätzt, dass die Rate der Kinder und Jugendlichen mit Vorerkrankungen, die gegen Influenza geimpft wurden, in den Jahren 2009 bis 2018 durchgängig unter 20 % lag [3].
Bei Ärztinnen und Ärzten besteht möglicherweise noch Informationsbedarf darüber, dass chronisch erkrankte Kinder und Jugendliche zu der Risikogruppe gehören, für die die Ständige Impfkommission (STIKO) ab einem Alter von sechs Monaten die Grippeimpfung empfiehlt [4]. Die KiGGs-Studie ergab, dass eine medizinische Indikation für die Grippeimpfung bei knapp 40 % aller Kinder vorliegt [5, 6] (Abb.).
![Kinder gehören zu den Impfkandidaten Abb. 1: Etwa 40 % aller Kinder haben eine medizinische Indikation für eine Influenza-Impfung (modifiziert nach [6])](/Bilder/-Abb-1-Etwa-40-aller-Kinder-haben-eine-medizinische-216281.jpg)
Abb. 1: Etwa 40 % aller Kinder haben eine medizinische Indikation für eine Influenza-Impfung (modifiziert nach [6])
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Doch einer erhöhten Infektionsgefahr sind nicht nur diese chronisch kranken, sondern nahezu alle Kinder ausgesetzt. Denn fast alle sind durch Betreuung in Kindertagesstätte oder Schule, in Sportvereinen und generell durch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Kontaktpersonen verstärkt infektionsgefährdet [6]. Und sie können die Infektion in ihre Familien hineintragen.
Familienkontext: Kinder tragen Infektionen weiter
Kinder spielen damit eine zentrale Rolle als Motor des Infektionsgeschehens. Sie können ihre Eltern oder womöglich chronisch vorerkrankte Großeltern anstecken. Der Kinderarzt kenne zwar die Eltern der Kinder, wisse aber selten, ob auch die Großeltern im selben Haushalt wohnen, erklärte Dr. Burkhard Lawrenz, Kinder- und Jugendmediziner, Arnsberg. Ungeimpfte Kinder können für diese vulnerablen Menschen ein erhebliches Risiko darstellen. Umgekehrt trägt jedes geimpfte Kind zu deren Infektionsschutz bei, indem es als potenzieller Überträger weitestgehend ausscheidet.
Doch Kinder sind auch selbst gefährdet: Allein durch die große Zahl von Kindern, die sich infizieren, ist z. B. die Gesamtzahl schwerer Verläufe, die zur Hospitalisation führen, bei den 0- bis 4-Jährigen vergleichbar hoch wie bei den über 60-Jährigen, sagte Lawrenz.
Impfen für alle Kinder sinnvoll
Eine generelle Impfempfehlung gegen Influenza für alle Kinder würde den Weg zu der erwünschten hohen Durchimpfungsrate erheblich erleichtern, so Lawrenz weiter.
Die STIKO empfiehlt die Grippeimpfung bisher nur für Kinder ab sechs Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grunderkrankung [4]. Die WHO ist näher am tatsächlichen Bedarf und empfiehlt die Grippeimpfung für alle Kinder, auch die gesunden, weil sie einer erhöhten Infektionsgefahr unterliegen [2]. Für Kinder stehen trivalente Influenza-Impfstoffe zur Verfügung, die ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen sind.
Die Praxis zeige immer wieder, dass selektive Impfempfehlungen in der Praxis nicht funktionieren, ergänzte Lawrenz. Das war z. B. der Fall bei der Empfehlung der Varizellen-Impfung für Kinder mit Neurodermitis. Diese wurde in der Praxis kaum umgesetzt. Erst seit es die generelle Impfempfehlung gibt, sind auch Neurodermitis-Kinder gut durchgeimpft. „Dies wünschen wir uns für die Influenza-Impfung auch“, betonte er.
Literatur:
1. Robert-Koch-Institut (RKI) Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland, Saison 2017/18. Berlin 2018; https://influenza.rki.de/saisonberichte/2017.pdf, abgerufen am 24.07.2025.
2. WHO. Managing seasonal vaccination policies and coverage in the European Region; https://www.who.int/europe/activities/managing-seasonal-vaccination-policies-and-coverage-in-the-european-region, abgerufen am 24.07.2025.
3. Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V. Impfung von Kindern gegen Influenza in Deutschland, Stellungnahme der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen im Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V., 03.06.2025; https://www.buendnis-kjg.de/stellungnahmen/impfung-von-kindern-gegen-influenza-in-deutschland/, abgerufen am 04.08.2025.
4. Robert Koch Institut. Epidemologisches Bulletin; 23.01.2025; 2025; 04, https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Epidemiologisches-Bulletin/2025/04_25.pdf?__blob=publicationFile&v=11, abgerufen am 24.07.2025.
5. Scheidt-Nave C et al., Bundesgesundheitsbl 2008, 51:592–601.
6. Kamtsiuris P et al., Bundesgesundheitsbl 2007, 50:686–700.
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