Antidementiva wirken mehrfach positiv

BERLIN (grue). Antidementiva bessern nicht nur die kognitiven Funktionen. Sie haben darüber hinaus einen Nutzen, etwa, indem sie Aggressionen lindern, die Angehörigen entlasten und die Aufnahme in ein Pflegeheim hinauszögern.

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Bekanntlich basiert die Zulassung eines Demenz-Mittels auf randomisiert-kontrollierten Studien, in denen die Wirksamkeit nachgewiesen wird. Darauf hat Professor Lutz Frölich vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim hingewiesen. Ein solcher Nachweis wird am besten mit formalisierten Kriterien wie die Verbesserung oder Stabilisierung der kognitiven Funktionen geführt.

    Studien gegen Placebo ethisch nicht vertretbar.
   

Dagegen werden in Zulassungsstudien oft nicht alle im Alltag wichtigen Parameter erfaßt: die Auswirkungen der Behandlung auf Verhaltensstörungen, auf die Belastung der Angehörigen und auf den Zeitpunkt, wann eine Aufnahme ins Pflegeheim stattfindet. Dies lasse sich jedoch kaum mehr mit Placebo-kontrollierten Studien prüfen, wie sie etwa das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) für seine Nutzenbewertung ausschließlich berücksichtigt, so Frölich bei einer Veranstaltung des Unternehmens Lundbeck in Berlin.

So sei es heute ethisch nicht mehr vertretbar, Demenz-Patienten über eine lange Zeit hinweg mit Placebo zu behandeln. Daten zum Pflegeaufwand und zu Verhaltensstörungen liegen jedoch sowohl für Cholinesterase-Hemmer als auch für den Wirkstoff Memantine (etwa Ebixa®) aus vielen Studien vor.

Beispiele: Bei Patienten, die täglich 20 mg Memantine einnahmen, waren pro Monat statt 450 nur etwa 400 Stunden Pflege nötig. Eine Studie, an der 252 Patienten mit fortgeschrittener Demenz teilnahmen, ergab: Mit Memantine gingen bei 55 Prozent der Patienten Unruhe und Aggressivität zurück, mit Placebo aber nur bei 36 Prozent.

Auch Heimeinweisungen lassen sich mit Memantine trotz fortgeschrittener Alzheimer-Demenz offenbar noch hinauszögern. Die zugehörige Studie war allerdings nur auf sechs Monate ausgelegt. "Der Gesamtnutzen dieser Arzneimittel liegt auf der Hand", sagte Frölich.

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