Terrorgefahr

Bundeswehr soll Unfallchirurgen fortbilden

Das Ergebnis von Terroranschlägen sind Kriegsverletzungen. Auf Schusswunden und von Explosionen abgerissene Gliedmaßen sind nicht alle Ärzte vorbereitet. Chirurgen und Bundeswehr wollen künftig enger zusammenarbeiten als bisher.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Kooperation von Polizei und Rettungsteams gilt als wichtig. Eine Szene nach den Anschlägen von Paris.

Kooperation von Polizei und Rettungsteams gilt als wichtig. Eine Szene nach den Anschlägen von Paris.

© Etienne Laurent / dpa

BERLIN. Die Anschläge von Ansbach und Würzburg haben gezeigt, dass Terroristen auch in Deutschland zuschlagen können. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Bundeswehr haben nun einen Plan aufgelegt, um Ärzte besser auf mögliche Herausforderungen durch Schusswunden und zum Beispiel von Nagelbomben verursachte Verletzungen vorzubereiten.

Mit der Notfallkonferenz "Terroranschläge – eine neue traumatologische Herausforderung" am Mittwoch in Berlin soll ein langfristig angelegter Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Ärzten und Bundeswehr aufgelegt werden.

Die Konferenz soll damit Auftakt einer bundesweiten Vorbereitung von Chirurgen auf die medizinische Versorgung von Terroropfern sein. Die Zusammenarbeit soll über eine Kooperationsvereinbarung mit der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin institutionalisiert werden.

Experten im zivilen medizinischen Betrieb kaum noch vorhanden

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr auf dem Balkan, in Afghanistan und in Mali, aber auch die humanitäre Hilfe nach Naturkatastrophen hätten in der Truppe die Expertise bei der medizinischen Versorgung von Menschen mit Schuss- und Explosionsverletzungen entstehen lassen, die im zivilen medizinischen Betrieb in Deutschland kaum noch vorhanden sei.

So beschrieb der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Michael Tempel, bei einem Pressegespräch in Berlin im Vorfeld der Konferenz die aktuelle Situation. Diese Expertise werde nun von zivilen Partnern zunehmend nachgefragt.

Die Chirurgen können für den geplanten Wissenstransfer auf Bestehendes zurückgreifen. Die Bundeswehrkrankenhäuser sind Teil der Traumanetzwerk Initiative der DGU. In den 52 regionalen Netzwerken, in denen 600 Krankenhäuser organisiert sind, sollen Multiplikatoren ausgebildet werden.

Chirurgen fordern finanzielle Unterstützung

Zehn Informationstage sind bereits geplant. Die Chirurgen fordern von den Verantwortlichen in der Politik zudem, Übungen finanziell zu unterstützen. Trainieren für den Ernstfall könne 100.000 Euro je Krankenhaus kosten, sagte DGU-Generalsekretär Professor Reinhard Hoffmann. Die Traumanetzwerke gelten als weltweit einzigartige Rettungsstruktur.

Ab Ende des Jahres werden DGU und Bundeswehr zudem Katastrophen-Chirurgie-Kurse anbieten. Die sollen Kenntnisse zur Behandlung von Schusswunden und Explosionsverletzungen vermitteln.

Kennzeichnend dafür seien starke Blutungen. Zur logistischen Unterstützung könnten an öffentlichen Orten Abbindemanschetten für Gliedmaßen vorgehalten werden, schlägt Professor Benedikt Friemert vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm vor. In einem weiteren Block sollen Fragen der Triage erörtert werden.

Es sei fraglich, inwiefern die Individualmedizin auf Schauplätzen von Terrorakten aufrecht erhalten werden könne. Zur Diskussion stehe zum Beispiel die Alternative Lebensrettung vor Gliedmaßenerhalt.

Wie läuft eine "Rettung unter Beschuss" ab?

Zudem solle die Zusammenarbeit mit der Polizei und den Rettungsdiensten Thema der Kurse sein. Anders als bei Unfällen könne die Gefahrenlage nach terroristischen Anschlägen lange nach dem Ereignis noch ungeklärt sein. Deshalb müssten auch die präklinischen Vorgehensweisen einer "Rettung unter Beschuss" vermittelt werden.

Um das Wissen über die Kriegsverletzungen zu bündeln, solle das schon 1993 aufgelegte Traumaregister der DGU um Schuss-, Stich und Explosionsverletzungen erweitert werden, sagte Professor Bertil Bouillon. Das ermögliche die Auswertung spezieller Verletzungsmuster und Versorgungsabläufe. Derzeit erfasst das Register 30.000 Verletzte im Jahr.

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