US-Analyse

Schilddrüsenstörung könnte Darmkrebs begünstigen

Ein verstärktes Screening auf Darmkreb könnte gerade bei Patienten mit einer gestörten Schilddrüsenfunktion Sinn machen. Das zeigt eine US-Studie.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Eine Thyroxin-Therapie verminderte bei den Studienteilnehmern mit Hypothyreose das Darmkrebsrisiko. Diese schützende Wirkung fiel umso stärker aus, je länger die Hormontherapie andauerte.

Eine Thyroxin-Therapie verminderte bei den Studienteilnehmern mit Hypothyreose das Darmkrebsrisiko. Diese schützende Wirkung fiel umso stärker aus, je länger die Hormontherapie andauerte.

© Klaus Rose

PHILADELPHIA. Studien deuten darauf hin, dass Schilddrüsenfunktionsstörungen zur Karzinomentwicklung beitragen können.

Angesichts der Häufigkeit dieser Erkrankungen wäre diese Assoziation - wenn sie sich bestätigt - von enormer Bedeutung für das Gesundheitswesen.

Einer aktuellen Fall-Kontroll-Studie zufolge scheinen sowohl die Schilddrüsenunterfunktion als auch die -überfunktion mit einem moderat erhöhten Risiko für Kolonkarzinome assoziiert zu sein.

Zu diesem Ergebnis kamen die Studienautoren um Dr. Ben Boursi von der University of Pennsylvania in Philadelphia, nachdem sie bei 20.990 Patienten mit kolorektalen Karzinomen und 82.054 vergleichbaren Kontrollen aus der THIN-Datenbank die Häufigkeit von Schilddrüsenfunktionsstörungen verglichen hatten (J Natl Cancer Inst 2015; 107: djv084).

Hormontherapie mindert das Risiko

Nach ihrer Untersuchung fiel das Krebsrisiko für jene Studienteilnehmer höher aus, die in der Vergangenheit eine unbehandelte klinische oder subklinische Hypothyreose hatten: mit einer adjustierten Odds Ratio (OR) von 1,16. Auch im Falle einer Hyperthyreose stieg das Darmkrebsrisiko (OR 1,21).

Hingegen war es vermindert, wenn die Schilddrüsenunterfunktion mit Thyroxin behandelt worden war (OR 0,92). Diese schützende Wirkung fiel umso stärker aus, je länger die Hormontherapie andauerte (OR für 5-10 Jahre: 0,88, > 10 Jahre: 0,68).

Patienten, deren Hypothyreose behandelt werde, würden also ein geringeres Risiko für kolorektale Karzinome aufweisen, schreiben die Studienautoren. Unbehandelt hingegen steige das Karzinomrisiko im Falle einer Hypo- und einer Hyperthyreose.

Aber wie kann sowohl ein Überschuss als auch ein Mangel an Hormonen das Karzinomrisiko erhöhen? Die Wissenschaftler erklären sich dies mit der antagonistischen Wirkung der Schilddrüsenhormone auf die Karzinomentwicklung. Einerseits würden die Hormone die Zellproliferation und -differenzierung beeinflussen und könnten somit die Tumorgenese fördern.

Andererseits interagierten sie mit dem Östrogen-Signalweg, der mit einem verminderten Kolonkarzinomrisiko in Verbindung gebracht werde.

Wahrscheinlich komme es sowohl bei einer Hypo- als auch bei einer Hyperthyreose zu einem Ungleichgewicht dieser Wirkungen in Richtung Proliferation, spekulieren die Autoren. Durch eine länger anhaltende Hormonbehandlung würde sich dieses Ungleichgewicht womöglich wieder umkehren.

Verstärktes Darmkrebsscreening?

Diese Erkenntnis kann nach Ansicht von Boursi und seinen Kollegen - wenn sie sich denn bestätigt - Ärzten bei ihrer Entscheidung, wann sie eine Hormonersatztherapie bei asymptomatischen, subklinischen Hypothyreosen beginnen, unterstützen.

Darüber hinaus könnte bei Patienten mit Schilddrüsendysfunktionen ein verstärktes Darmkrebs-Screening sinnvoll sein.

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Durvalumab im Real-World-Vergleich

© Springer Medizin Verlag

ED-SCLC

Durvalumab im Real-World-Vergleich

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Wissenschaft in Medizin übertragen

© Regeneron

Forschung und Entwicklung

Wissenschaft in Medizin übertragen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Regeneron GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein älterer Herr, der einen medizinischen Fragebogen ausfüllt.

© buritora / stock.adobe.com

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Eine Ärztin hält einen Reagenzstreifen zur Analyse einer Urinprobe in der Hand.

© H_Ko / stock.adobe.com

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?