HINTERGRUND

Tod auf der Warteliste - auch nach 40 Jahren Eurotransplant

Von Petra Spielberg Veröffentlicht:

122 000 Menschen haben seit 1967 ein Organ über die gemeinnützige Stiftung Eurotransplant erhalten. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Stiftung lobten Politiker kürzlich Eurotransplant als Erfolgsgeschichte. Doch die Arbeit ist noch längst nicht getan: In Deutschland stehen 9000 Patienten auf der Warteliste für ein Organ.

Drei von ihnen sterben täglich - weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhalten haben. Der Präsident der Bundesärztekammer Professor Jörg-Dietrich Hoppe hat sich daher gestern für den Einsatz von Transplantationsbeauftragten in jedem deutschen Krankenhaus ausgesprochen. Falls Kliniken dies nicht umsetzen, "muss der Gesetzgeber den Beauftragten vorschreiben", so Hoppe.

In den Anfangsjahren wurden nur Nieren vermittelt

Dennoch sind in Deutschland die Erfolge in der Transplantationsmedizin eng mit Eurotransplant verknüpft: Die Gründung der Stiftung im Jahr 1967 geht auf den niederländischen Hämatologen Professor Johannes von Rood zurück. Sein Ziel war es, eine zentrale Registrierungsstelle für Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, zu schaffen und zugleich den innereuropäischen Austausch von Spenderorganen zu fördern.

Um die Verteilung eines passenden Spenderorgans vornehmen zu können, erhält Eurotransplant alle notwendigen Daten der potenziellen Empfänger. Dazu gehören die Erkrankungsursache, die Blutgruppe, wenn möglich die Gewebeeigenschaften (HLA-Gruppen) sowie die Dringlichkeit einer Organspende und das behandelnde Krankenhaus.

In den Anfangsjahren wurden im Eurotransplant-Gebiet ausschließlich Nieren transplantiert. Erst später kam die Vermittlung von Transplantaten der Leber, des Herzens, der Bauchspeicheldrüse, der Lunge sowie des Zwölffingerdarms hinzu. Seit der Gründung von Eurotransplant wurden insgesamt 79 000 Nieren, 21 000 Lebern, 14 000 Herzen, 4200 Bauchspeicheldrüsen und 4000 Lungen übertragen.

Jedes fünfte Transplantat stammt aus dem Ausland

Mitglieder der Stiftung sind Deutschland, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, Slowenien und seit Kurzem auch Kroatien. Andere europäische Länder, wie Frankreich, Großbritannien oder die skandinavischen Staaten, haben vor allem historisch bedingt, eigene nationale Registrierstellen. Doch auch sie können grundsätzlich auf die Dienste der Stiftung zurückgreifen, sollte sich innerhalb der Eurotransplant-Region im Einzelfall kein Spender finden.

"Durch den internationalen Austausch können wir verhindern, dass die knappen Spenderorgane für eine Transplantation verloren gehen", so Arie Oosterlee, Generaldirektor von Eurotransplant. Seinen Angaben zufolge stammt jedes bereits fünfte transplantierte Organ in der Eurotransplant-Region aus einem anderen Mitgliedsland der Stiftung.

In den sieben Ländern gibt es deutliche Unterschiede bei der Spendenbereitschaft und -rate. Ein Grund sind die unterschiedlichen Regelungen zur Erklärung der Organspendebereitschaft. So ist in Deutschland und den Niederlanden, wo eine ausdrückliche Zustimmung nötig ist, die Spendebereitschaft niedriger als in den Ländern mit einer Widerspruchslösung. Der medizinische Direktor der Stiftung, Axel Rahmel, sprach sich daher auch in Deutschland für die Widerspruchsregelung aus.

Der Deutsche Ärztetag in Münster hatte einen ähnlich lautenden Vorstoß im Mai bereits mehrheitlich abgelehnt. Es liege an den Ärzten selbst, eine Milderung des Problems zu erreichen, sagte der Transplantationschirurg Professor Eckhard Nagel in Münster. Denn nur 55 Prozent der Krankenhäuser mit Intensivstationen melden potenzielle Organspender an die Koordinierungsstellen.



STICHWORT

Eurotransplant

Eurotransplant ist eine gemeinnützige Stiftung zur Koordinierung von Organtransplantationen innerhalb Europas. Sitz der Organisation ist die niederländische Stadt Leiden. Das Netz umfasst 190 Transplantationseinrichtungen sowie Gewebetypisierungs-Labors in sieben europäischen Ländern: Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Slowenien und Kroatien. In den Eurotransplant-Regionen leben mehr als 124 Millionen Menschen. (spe)

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