Gesundheitsbericht

Saarländer haben besonders hohen Krankenstand

Die Erwerbstätigen im Saarland sind häufiger und länger krank als im Bundesschnitt, so der erste gemeinsame Gesundheitsbericht aller Sozialversicherungsträger. Zu den Ursachen gibt es einen Fingerzeig.

Von Michael Kuderna Veröffentlicht:
Die Erwerbstätigen im Saarland sind häufiger und länger krank als im Bundesschnitt.

Die Erwerbstätigen im Saarland sind häufiger und länger krank als im Bundesschnitt.

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Saarbrücken. Die Untersuchung ist dank der riesigen Datenbasis repräsentativer als alle bisherigen Erhebungen“, ist sich Susanne Hildebrandt vom IGES Institut sicher. Im Auftrag der Koordinierungsstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) im Saarland analysierten die IGES-Wissenschaftler für die Jahre 2017 bis 2019 die Daten zu Krankschreibungen, Erwerbsminderungen, Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Einbezogen waren damit 76 Prozent der etwa 488 .000 Beschäftigten oder Arbeitslosen mit Krankengeldanspruch.

Ein Ergebnis: Der Krankenstand lag 2019 mit 5,8 Prozent weit über dem Bundeswert von 5,1 Prozent. Auch wenn man ihn hinsichtlich Alters- und Geschlechtsstruktur standardisiert, übersteigt er mit 5,6 Prozent die Bundeszahlen deutlich. Gleichzeitig ist die Zahl der Fehltage an der Saar relativ hoch.

Ungesunde Lebensweise

5,8%

betrug der Krankenstand in den Jahren 2017 bis 2019 im Saarland. Der Wert lag damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Früher führte man die Diskrepanz gerne auf die Belastung durch die Montanindustrie zurück – doch diese spielt inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle. Professor Jörg Loth, Vorstand der IKK Südwest und Federführer der Koordinierungsstelle, begründet die Differenz deshalb nicht nur mit Faktoren wie Branchenmix, Bildung, Hierarchien oder Einkommen, sondern auch mit einer ungesünderen Lebensweise der Saarländer. Er verweist dazu auf Folgeerkrankungen wie Diabetes, Adipositas, Hochdruck und Leberschäden. „Wir müssen Menschen überzeugen, etwas präventiv zu tun, und den Schwerpunkt auf Zivilisationskrankheiten legen, da sie vermeidbar sind“, so Loth.

Knapp ein Viertel der AU-Tage wurden durch Muskel-Skelett-Erkrankungen verursacht, gefolgt von psychischen Erkrankungen, Krankheiten des Atmungssystems sowie Verletzungen und Vergiftungen. Bei den Frauen standen aber die psychischen Probleme an erster Stelle. Zudem sind diese mit durchschnittlich 39 Tagen besonders langwierig und mit Abstand die häufigste Ursache bei den Erwerbsminderungsrenten.

Betrachtet man den Krankenstand differenziert nach Branchen, so führten psychische und Verhaltensstörungen vor allem in der Öffentlichen Verwaltung/Sozialversicherung und im Gesundheits- und Sozialwesen zu Fehltagen.

Home Office: Chance oder Risiko?

Neben der Altersstruktur spielen hier nach Auffassung von Hildebrandt und Loth vermutlich die höheren Anforderungen im Pflegebereich und zusätzliche häusliche Belastungen eine Rolle. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei deshalb für die Gesundheitsförderung ebenso ein wichtiges Thema wie die Untersuchung von psychischen Gefährdungspotenzialen in Unternehmen. Ein weiteres Handlungsfeld zeichnet sich durch die pandemiebedingte Zunahme von Homeoffice ab. Noch scheint völlig offen, ob die zusätzlichen Risiken oder die neuen Chancen überwiegen. „Menschen sitzen zu Hause nicht auf ergonomischen Stühlen, aber oft vor kleinen Laptops“, meinte Loth und beschrieb die Balance zwischen Arbeit, Freizeit und Familie als eine Herausforderung der Heimarbeit.

Andererseits könne die hohe Eigenheimquote im Saarland vielleicht manche Probleme entschärfen, denen sich Erwerbstätige in kleinen Stadtwohnungen gegenüber sähen. Hildebrandt wies ebenfalls darauf hin, dass beim Homeoffice den entlastenden Faktoren etwa bei den Arbeitswegen auch neue Belastungen etwa durch verringerte soziale Kontakte oder bei der Kinderbetreuung gegenüberstünden. Es sei jedoch offensichtlich, dass sich beim Homeoffice die Zahl kurzer Fehlzeiten verringere. Die Geschäftsführerin Deutsche Rentenversicherung Saarland, Stephanie Becker-Kretschmer, sieht es als Chance an, künftig teils zu Hause und teils im Betrieb arbeiten zu können, und plädierte für eine „gesunde Mischung: Wir sollten die positiven Seiten von beidem in Anspruch nehmen.“

In einem Punkt sind sich alle Akteure schon einig: Bei mehr Telearbeit werden Maßnahmen und Hilfestellungen des Betrieblichen Gesundheitsschutzes noch wichtiger, angefangen von der Gestaltung des Arbeitsplatzes bis hin zur Strukturierung des Arbeitsverhältnisses und angepassten Konzepten der Stressbewältigung.

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