Amoklauf an Erfurter Gymnasium

Es ist eine Tat, die bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland niemand für möglich gehalten hat. Ein 19-Jähriger richtet an seiner alten Schule ein Massaker an. Leider bleibt das kein Einzelfall.

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Nach der Tat werden zum Gedenken an die Opfer unzählige Blumen vor dem Gutenberg-Gymnasium abgelegt.

Nach der Tat werden zum Gedenken an die Opfer unzählige Blumen vor dem Gutenberg-Gymnasium abgelegt.

© Kasper/dpa

Erfurt, 26. April 2002. Es sind grauenvolle Szenen, die sich am Erfurter Gutenberg-Gymnasium abspielen.

Der 19 Jahre alte Robert Steinhäuser betritt gegen 10.45 Uhr seine alte Schule und erschießt innerhalb von 20 Minuten 16 Menschen. Dann richtet er sich selbst.

Eine vergleichbare Tat hatte es bis dahin in Deutschland noch nicht gegeben. Amokläufe an Schulen kannte man bis zu diesem Zeitpunkt nur aus den USA.

Dort hatten drei Jahre zuvor zwei Schüler an der Columbine Highschool in Littleton 12 Menschen erschossen.

Bei der Suche nach den Hintergründen für die Tat bildeten sich schnell drei Punkte heraus. Robert Steinhäuser war im Oktober 2001 wegen Urkundenfälschung von der Schule verwiesen worden.

Im Unterschied zu anderen Bundesländern erhielten Thüringer Gymnasiasten nach dem Abschluss der zehnten Klasse nicht automatisch den Realschulabschluss, er stand also mit leeren Händen da.

Begünstigt wurde die Tat aber wohl auch durch den Konsum gewaltverherrlichender Computerspiele. Zudem interessierte sich der Erfurter für Waffen und war Mitglied in einem Schützenverein.

Problem Computerspiele

Doch obwohl nach diesem Amoklauf das Jugendschutzgesetz sowie das Waffengesetz verschärft wurden, kam es in den folgenden Jahren an deutschen Schulen immer wieder zu schweren Zwischenfällen.

Der schlimmste ereignete sich am 11. März 2009 an der Albertville-Realschule im schwäbischen Winnenden.

Dort und auf seiner Flucht erschoss der 17 Jahre alte Tim K. insgesamt 15 Menschen und schließlich sich selbst. Auch er war ein Fan gewaltverherrlichender Computerspiele und hatte Zugang zu Waffen.

Bis heute weiß niemand, wie solche Taten verhindert werden können. Der kürzlich gestorbene Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter hielt eine Lösung dieser Frage für illusorisch.

Richter: "Wenn ein Schüler keinen Radau macht, wenn er sich eher anpasst, dann ist vielleicht für Pädagogen kein Anhalt gegeben, ihn dem Schulpsychologen vorzustellen", sagte er nach der Tat in Erfurt.

Die "Störer und Schlägertypen" dagegen fielen sofort auf: "Die laufen aber nachher auch nicht Amok, weil sie darin geübt sind, ihre aufsteigenden Emotionen wieder abzubauen." (chb)

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