Bayerns geplanter GKV-Ausstieg

Um die Zukunft der hausärztlichen Versorgung in Bayern steht es schlecht, sagt der Hausärzteverband 2008 und will seine Mitglieder zum Ausstieg aus der GKV bewegen. Klappt das Vorhaben, wäre das ein bundesweites Signal.

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Mit einem Korbmodell in die Zukunft: Der Protest der bayerischen Hausärzte zum GKV-Ausstieg.

Mit einem Korbmodell in die Zukunft: Der Protest der bayerischen Hausärzte zum GKV-Ausstieg.

© Dolberg

NÜRNBERG, 30. JANUAR 2008. Einmarsch zu den Klängen des Gefangenenchores aus der Verdi-Oper Nabucco, tosender Applaus von rund 7000 Ärzten: So zieht der Chef des Bayerischen Hausärzteverbandes Dr. Wolfgang Hoppenthaller in die Nürnberg-Arena ein.

"Dieser Tag wird in die Geschichte der GKV eingehen", ruft er den Hausärzten zu. Hoppenthaller hat sie zum kollektiven Zulassungsverzicht aufgerufen, raus aus dem "Zwangssystem von Kassen und KVen."

Und: "Wir haben jahrelang geschwiegen, wir haben jahrzehntelang die Faust in der Tasche geballt. Jetzt schweigen wir nicht mehr!"

Die Veranstaltung in Nürnberg ist der Gipfel der beispiellosen Aktion des bayerischen Hausärzteverbandes. Bis zum März 2008 müssen mindestens 70 Prozent der insgesamt rund 8900 Hausärzte in Bayern ihre Kassenzulassung zurückgeben, damit der Ausstieg gelingt.

Doch Hoppenthaller verfehlt das Ziel: Bis Mitte 2008 haben nur in drei der sieben bayerischen Regierungsbezirke rund 50 Prozent der Hausärzte ihren Verzicht auf die Zulassung erklärt. Hoppenthaller verlängert die Frist, aber das Quorum wird nicht erreicht.

Hoppenthaller gibt nicht auf

Hoppenthaller setzt die bayerische Staatsregierung unter Druck. In einem Brief an den damaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) heißt es: "Wenn wir aus diesem System ausgestiegen sind, dann gibt es keine Lücken mehr zu füllen, dann ist Tabula rasa".

Beckstein und die CSU sind nervös, die bayerische Staatspartei muss ohnehin um ihre absolute Mehrheit fürchten. Hoppenthaller glaubt, die Unsicherheit ausnutzen zu können - und überreizt.

Der Hausärztechef gibt nicht auf: Bei einem erneuten Ausstiegsversuch Ende 2010 - unter komplett anderen berufspolitischen Vorzeichen wie der Kündigung der Hausarztverträge von AOK und den Ersatzkassen - versucht Hoppenthaller wieder, rund 70 Prozent der Hausärzte zum Systemausstieg überzeugen.

Doch auch jetzt erklären sich nicht genügend Ärzte zum Ausstieg bereit. Die Konsequenz: Hoppenthaller tritt zurück - nicht ohne verbales Nachtreten gegen Politik und Kollegen.

Der Preis des Pokerspiels: Die AOK kündigt den außergewöhnlich gut dotierten Hausärztevertrag, auch mit anderen Kassen gibt es massive Schwierigkeiten.

Mehrere 100 Millionen Euro sind perdu. Die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft, die den Vertrag managed, muss Personal entlassen. (bee/HL)

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