Exklusiv-Umfrage der Ärzte Zeitung

Baustelle Gesundheitspolitik: Was muss 2026 angegangen werden?

Rückblick und Ausblick: Zwölf Spitzenvertreter aus Verbänden, Kassen, Kliniken, Pflege, Pharma und Medtech ziehen Bilanz für die Ärzte Zeitung. Was hat 2025 überrascht, wie schlägt sich die Koalition – und was sind die Top-Themen für 2026?

Anno FrickeVon Anno Fricke und Thomas HommelThomas Hommel und Matthias GabrielMatthias Gabriel und Florian StaeckFlorian Staeck Veröffentlicht:
Politisches Teamwork gefragt: 2026 stehen wichtige Strukturreformen im Gesundheitswesen auf der Tagesordnung.

Politisches Teamwork gefragt: 2026 stehen wichtige Strukturreformen im Gesundheitswesen auf der Tagesordnung.

© Mit KI generiert / tea / stock.adobe.com

Berlin. GKV-Finanzierung, Krankenhaus- sowie Pflegereform, Digitale Gesundheits-Identitäten und Pharma-Regulierung. Das sind die gesundheitspolitischen Top-Themen 2026 – jedenfalls, wenn man ein KI-Chatbot seiner Wahl antworten lässt.

Als Ärzte Zeitung wollten wir es natürlich genau wissen und haben Vertreterinnen und Vertreter der Selbstverwaltung sowie Verbände aus Pflege, Pharma und Medizintechnik direkt gefragt. Was hat sie im zu Ende gehenden Jahr am meisten überrascht? Was muss die Koalition 2026 dringend angehen? Und wie hat sich Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) geschlagen?

Immense Erwartungen an Nina Warken

Je nach Rolle fallen die inhaltlichen Anworten natürlich unterschiedlich aus. Bezogen auf die fachfremd gestartete Ressortchefin sind die Erwartungen aus der Verbands- und Berufspolitik eindeutig: Die Spitzenvertreterinnen und -vertreter fordern mehr Durchsetzungskraft und entschiedenes Handeln.

Für Nina Warken könnte 2026 zum politischen Schicksalsjahr werden. Angesichts notwendiger Strukturreformen von GKV-Finanzen bis hin zur Pflege – aber auch angesichts der großen Erwartungen aus dem Gesundheitswesen.

Von „Luft nach oben“ und fehlendem Mut

„Ich sehe Luft nach oben, was konkrete Maßnahmen angeht“, formuliert der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Dr. Jens Baas, diplomatisch. „Die Bewährungsprobe steht in den kommenden Monaten bevor“, so der unparteiische G-BA-Vorsitzende Josef Hecken. „Mut zu echten Reformen sehe ich derzeit nicht“, konstatiert Dr. Moritz Völker, Vorsitzender Junge Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund.

Zu der exklusiven Ärzte Zeitungs-Umfrage kommen Sie über den Bilder-Slider. Einfach durchklicken und zum gewünschten Interview springen.

Spitzenvertreter aus Verbänden, Kassen, Kliniken, Pflege, Pharma und Medtech ziehen Bilanz
Dr. Carola Reimann

Dr. Carola Reimann

© AOK-Bundesverband

Carola Reimann, Vorständin des AOK-Bundesverbandes

Maximale Dringlichkeit

Die Chefin des AOK-BV, Dr. Carola Reimann, hatte sich mehr versprochen von der Koalition: „Wie schnell das Thema Gesundheits- und Pflegepolitik im Allgemeinen und die Stabilisierung der GKV- und Pflegefinanzen – trotz maximaler Dringlichkeit – auf der politischen Agenda nach hinten gerutscht ist“, das habe sie überrascht.

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Dr. Andreas Gassen

Dr. Andreas Gassen

© Rolf Schulten

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)

Wir sind nicht der Bremsklotz

Für KBV-Chef Dr. Andreas Gassen ist gesundheitspolitisch zu wenig passiert. „Vom gern beschworenen ,Herbst der Reformen‘ ist nicht viel geblieben, sagt er. Er fordert, „die Relevanz der Selbstverwaltung“ anzuerkennen und politisch einzubinden. „Wir sind nicht der Bremsklotz im System – wir wollen helfen. Man muss uns nur lassen.“

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Dr. Jens Baas

Dr. Jens Baas

© Rolf Schulten

Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse

Wenig gesundheitspolitisch passiert

Fragen an die Gesundheitspolitik der Koalition von Union und SPD hat Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der größten Einzelkasse in Deutschland, der Techniker Krankenkasse. Er sei verwundert, „wie wenig gesundheitspolitisch passiert“ sei. Ich sehe Luft nach oben, was konkrete Maßnahmen angeht“, sagt Baas. Für das neue Jahr wünsche er der Gesundheitsministerin „viel Durchsetzungskraft“.

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Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth

Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth

© www.marco-urban.de

Nicola Buhlinger-Göpfarth, HÄV-Bundesvorsitzende

Der Ärzteschaft besser zuhören

Beim Hausärztinnen- und Hausärzteverband wird die Gleichstellung der HZV mit der Regelversorgung im Koalitionsvertrag gefeiert. Das Hauptanliegen von Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth ist daher die baldige Einführung eines verbindlichen Primärarztsystems. Die Politik sollte der Ärzteschaft besser zuhören, fordert die Verbandsvorsitzende, nicht zwingend der Selbstverwaltung.

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Dr. Markus Beier

Dr. Markus Beier

© www.marco-urban.de

Markus Beier, HÄV-Bundesvorsitzender

Solidarsystem auf solide Beine stellen

„Versorgung kann nur mit denjenigen gestaltet werden, die sie auch stemmen müssen“, sagt Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands. Wenn nur nicht immer die klammen Finanzen der GKV Hürden aufstellten. Beier fordert daher für die nächste Zukunft, endlich das „Solidarsystem auf solide Beine“ zu stellen. Dass die Ministerin Verfechterin eines gerechten Solidarsystems sei, sei in diesen Zeiten von enormem Wert.

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Dr. Moritz Voelker

Dr. Moritz Voelker

© www.marco-urban.de

Moritz Völker, Vorsitzender Junge Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund

Gesundheitspolitische Stringenz fehlt

Dass mit Nina Warken (CDU) eine in der Gesundheitspolitik Unbekannte zur Bundesgesundheitsministerin gekürt worden ist, hat den Notfallmediziner Dr. Moritz Völker überrascht. Es fehle „spürbar an gesundheitspolitischer Erfahrung und Stringenz“, notiert er. „Weiter im Schlafwagen zu fahren, können wir uns nicht leisten“, stellt der Vorsitzende der Jungen Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund fest.

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Han Steutel

Han Steutel

© vfa / Bernd Brundert

Han Steutel, Präsident Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa)

Finanzen auf solides Fundament stellen

Zufrieden mit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken ist vfa-Präsident Han Steutel. Sie habe sicher nicht den leichtesten Job im Kabinett. „Ich würde sagen, sie macht ihren gut.“ Wenn es gelinge, die GKV-Finanzen auf ein „solides Fundament“ zu stellen, „hat sie viel geschafft“.

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Mark Jalaß

Mark Jalaß

© tina eichner

Mark Jalaß, BVmed-Vorstandsvorsitzender

Medizintechnologie ist Leitwirtschaft

Dass der Pharma-Dialog um einen MedTech-Dialog erweitert wurde und eine Gesamtstrategie erarbeitet werden soll, findet BVmed-Vorstandschef Mark Jalaß folgerichtig. Die Medizintechnologie sei eine Leitwirtschaft. Die Dialogbereitschaft des Gesundheitsministeriums, das die Federführung hat, lobt Jalaß.

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Dr. Gerald Gaß

Dr. Gerald Gaß

© M. Popow / Metodi Popow / picture alliance

Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)

Unangenehme Überraschung zum Jahreswechsel

DKG-Chef Dr. Gerald Gaß ist zwei Mal überrascht gewesen: „Überraschend war sicherlich die Besetzung des BMG. Nina Warken hatte niemand auf dem Zettel. Die Ministerin hat uns dann zum Jahresende noch einmal überrascht, diesmal unangenehm: mit ihrer Ankündigung, den Kliniken 1,8 Milliarden Euro zu entziehen.“

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Thomas Greiner

Thomas Greiner

© Rolf Schulten

Thomas Greiner, Präsident Arbeitgeberverband Pflege (AGVP)

Vorfahrt für stationäre Versorgung

Pflegearbeiter-Chef Thomas Greiner hat einen Rat parat: Die Politik müsse begreifen, dass die einseitige Förderung der Angehörigenpflege die Probleme nicht löse. Nicht mal die Hälfte aller Erwachsenen ist bereit oder in der Lage, die Angehörigen zu pflegen. „Wir brauchen Vorfahrt für die stationäre Versorgung.“

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Sandra Postel

Sandra Postel

© David Vogt

Sandra Postel, Präsidentin Pflegekammer Nordrhein-Westfalen

Von Lobbygruppen geprägter Blick

Für Sandra Postel spielt die professionelle Pflege in der Wahrnehmung von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken noch nicht die Rolle, die sie verdient. „Nach neun Monaten wirkt ihr Blick stark von etablierten Lobbygruppen geprägt.“ Es brauche mehr Offenheit, Pflege unvoreingenommen zu verstehen.

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Prof. Josef Hecken

Prof. Josef Hecken

© Marco Urban

Josef Hecken, Unparteiischer G-BA-Vorsitzender

Nicht im politischen Tagesgeschäft

G-BA-Chef Professor Josef Hecken sieht die Gesundheitspolitik in den kommenden Monaten vor der Bewährungsprobe. Hecken, selbst einmal Gesundheitsminister im Saarland, kennt beide Seiten: die der Selbstverwaltung und die der Politik. „Die Selbstverwaltung hat den Vorteil, nicht im politischen Tagesgeschäft zu stehen“, sagt er. Deshalb könne sie „evidenzbasiert und versorgungsnah handeln.

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