HINTERGRUND

Brasilianer, Angolaner, Polen - WM-Besucher aus dem Ausland sorgen für Extra-Honorar in Arzt-Praxen

Von Anja Krüger Veröffentlicht:

Deutschland im Fußballfieber - Gäste aus der ganzen Welt feiern die Weltmeisterschaft. Sicher sind auch einige ausländische Fans in die Praxen gekommen. Viele WM-Touristen können dann Leistungen der Niedergelassenen zu denselben Bedingungen in Anspruch nehmen wie in Deutschland versicherte Patienten.

Die Vergütung erfolgt außerhalb des Budgets, allerdings müssen Ärzte einige bürokratische Besonderheiten beachten. Leistungen für Patienten aus Ländern, mit denen Deutschland kein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, rechnen Mediziner privat auf Grundlage der GOÄ ab.

Es könne dann sinnvoll sein, die Leistungen sofort in der Praxis abzurechnen, meint Frank Naundorf, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Nicht alle Fußballfans müssen die Praxisgebühr zahlen

Grundsätzlich müssen alle ausländischen Patienten, deren Behandlung Mediziner nach dem EBM abrechnen, die Praxisgebühr zahlen. Dies ist der Fall bei Patienten mit der Europäischen Krankenversicherungskarte oder Ansprüchen aus einem Land, mit dem die Bundesrepublik ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat.

Patienten aus diesen Ländern wählen in der Praxis mit Unterstützung des Arztes eine deutsche Krankenkasse, die sich später die angefallenen Kosten bei der Versicherung des Touristen zurückholt. "Die europäische Krankenversicherungskarte kann in den Praxen nicht eingelesen werden", sagt Naundorf.

Vor Beginn der Versorgung müssen Ärzte den Behandlungsanspruch des Patienten dokumentieren. Dazu müssen kranke Fußball-Fans mit Versicherungskarte oder einen vergleichbaren Nachweis das Musterformulars 80 ausfüllen. "Hat ein Anspruchsberechtigter keinen Nachweis dabei, kann der Arzt den Personalausweis oder Reisepaß des Patienten kopieren und die erforderlichen Daten wie Anschrift und Name der Versicherung ohne Formblatt dokumentieren", erklärt Naundorf.

Patienten mit und ohne Nachweis müssen das Musterformular 81 ausfüllen. Darin erklären sie, daß sie nicht zum Zwecke der medizinischen Behandlung nach Deutschland gekommen sind. Die Formulare 80 und 81 erhalten Ärzte bei ihrer KV. Bei der KVNo und anderen KVen können Ärzte auch weiteres Informationsmaterial anfordern, etwa Checklisten für die Abrechnung.

Die Vergütung der Leistungen läuft extrabudgetär

Originalformulare oder Datendokumentation und Kopie der Identitätsnachweises schicken Ärzte an die gewählte Krankenkasse. Die erbrachten Leistungen rechnen die Mediziner wie bei jedem anderen Kassenpatienten unter Verwendung der entsprechenden EBM-Ziffern mit ihrer KV ab. "Die Vergütung erfolgt extrabudgetär zu einem festen Punktwert", sagt Naundorf. In der KVNo beträgt der feste Punktwert 5,11 Cent.

Wichtig: Die Ärzte müssen einen Behandlungsschein ausdrucken und an die KV schicken. Im Statusfeld muß er die Nummer 10007 angeben. Damit signalisieren sie der KV, daß es sich um eine extrabudgetäre Abrechnung handelt.

Ansonsten haben Touristen Anspruch auf die Behandlungen, die der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen vorsieht, und zwar auch bei Erkrankungen, die bereits vor der Einreise bestanden. Sind eine Überweisung zu einem anderen Arzt oder das Ausstellen eines Rezepts nötig, geht man wie bei jedem anderen GKV-Patienten vor.



Bei wem wie abgerechnet wird

Wenn Fußballfans als Patienten in die Praxis kommen, können Leistungen für Menschen aus der Europäischen Union oder einem Staat, mit dem Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet werden. Dies gilt für Schlachtenbummler aus England, Frankreich, Italien, Kroatien,den Niederlanden, Polen, Portugal, Serbien-Montenegro, Spanien, Schweden, der Schweiz und Tunesien.

Leistungen für Fans der anderen Teilnehmer der WM müssen niedergelassene Ärzte nach der GOÄ abrechnen. Das betrifft die WM-Besucher aus Angola, Argentinien, Australien, Brasilien, Costa Rica, Ecuador, der Elfenbeinküste, Ghana, dem Iran, Japan, Mexiko, Paraguay, Saudi-Arabien, Südkorea, Togo, Trinidad und Tobago, der Ukraine und den USA. (akr)

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