Welt-Polio-Tag

Der Kämpfer gegen die Kinderlähmung

Aus ärmlichen Verhältnissen arbeitete sich Jonas Salk zu einem der erfolgreichsten Forscher der USA hoch. Er entwickelte den ersten Impfstoff, der zur Polio-Eindämmung beitrug.

Von Christina Horsten Veröffentlicht:
Der amerikanische Bakteriologe Professor Jonas E. Salk auf einer Aufnahme von 1954.

Der amerikanische Bakteriologe Professor Jonas E. Salk auf einer Aufnahme von 1954.

© dpa

NEW YORK. Sein Kampf gegen die Kinderlähmung war auch ein Kampf gegen die Angst. "Frei von Angst zu sein ist die stärkste aller Emotionen", sagte Jonas Salk einmal der "Los Angeles Times". "Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, die Menschen von ihrer Angst zu befreien." Die Kinderlähmung, die seit Ende des 19. Jahrhunderts weltweit tausende Menschen befiel und zum Tod oder bleibenden Lähmungen führte, war lange ein immenser Quell der Angst.

Jahrzehntelang forschte der 1995 gestorbene Immunologe Salk, bis er 1955 tatsächlich den ersten Impfstoff gegen die auch als Polio bekannte Krankheit gefunden hatte. Innerhalb kürzester Zeit war die Kinderlähmung daraufhin eingedämmt.

1988 startete die WHO ein globales Programm zur Ausrottung der Kinderlähmung. Die Zahl der Infektionen ist seither um weit mehr als 99 Prozent zurückgegangen - von geschätzt 350 000 im Jahr 1988 auf 406 im Jahr 2013.

Bei Kollegen unbeliebt

Bis heute gelten die meisten Industrieländer laut Weltgesundheitsorganisation WHO als Polio-frei. Immunologe und Angst-Nehmer Salk wurde nach der Entdeckung in seiner US-amerikanischen Heimat zum gefeierten Star - zumindest bei Patienten. Bei Kollegen sollte der Wissenschaftler, der am heutigen Dienstag 100 Jahre alt geworden wäre, immer extrem unbeliebt bleiben.

Bedeutende Auszeichnungen wie den Nobelpreis erhielt er nie und selbst in die National Academy of Science der USA wurde Salk nie gewählt. Nur dem ebenfalls äußerst renommierten Salk-Forschungsinstitut in Kalifornien gehörte der Wissenschaftler an - aber das war auch sein eigenes. "Ich wäre nie Mitglied dieses Institutes geworden, wenn ich es nicht selbst gegründet hätte", sagte Salk einmal in einem seiner seltenen Interviews.

Eitel und unkollegial sei er gewesen und habe die Beiträge anderer Wissenschaftler zu seinen Forschungen vernachlässigt oder verheimlicht, warfen ihm Kollegen öffentlich vor. Besonders heftig stritt sich Salk mit Albert Sabin, der kurz nach Salks Entdeckung eine Schluckimpfung gegen Polio entwickelte, die ebenfalls entscheidend zur Eindämmung der Krankheit beitrug.

Aber anstatt zusammenzuarbeiten, gifteten die Beiden sich öffentlich an. "Pure Küchen-Chemie" sei Salks Erfindung, beschwerte sich Sabin. "Er hat gar nichts entdeckt."

"Ich folgte meinen eigenen Regeln"

Aber der 1914 in New York geborene Salk ließ sich von seinem Weg nicht abbringen. "Ich folge meinen eigenen Regeln." Der Forscher stammte aus ärmlichen Verhältnissen, sein jüdischer Vater war Schneider.

Salk brillierte in der Schule, studierte Medizin und wandte sich an Universitäten in Michigan und Pennsylvania bald der Forschung zu - teils mit ungewöhnlichen Methoden. Den Polio-Impfstoff testete er beispielsweise zuerst an seinen drei Söhnen.

Nach seiner großen Entdeckung forschte Salk weiter und machte sich besonders in den 1980er Jahren mit immensem Einsatz auf die Suche nach einem Impfstoff gegen HIV.

Da lebte er schon seit längerem im kalifornischen La Jolla, wo er seine "Wissenschaftskathedrale", wie er sie nannte, gegründet hatte und in zweiter Ehe mit der früheren Gefährtin des Künstlers Pablo Picasso, Françoise Gilot, verheiratet war.

Ein Erfolg im Kampf gegen HIV sollte ihm jedoch nicht mehr beschieden sein. Am 23. Juni 1995 starb Salk im Alter von 80 Jahren an Herzversagen. Nach seinem Tod äußerten sich dann sogar seine Kollegen freundlich.

"Er war einer der ganz Großen in der amerikanischen Medizin, wenn es um Impfstoffe geht", sagte der Aids-Forscher Anthony Fauci damals.

Erfindung wurde nicht patentiert

Reich geworden war Salk mit seiner Erfindung jedoch nie - er ließ sie noch nicht einmal patentieren. Wenn überhaupt gehöre das Patent den Menschen, sagte er nach der Freigabe des Impfstoffs am 12. April 1955 in einem Interview. "Es gibt kein Patent. Könnte man die Sonne patentieren?" (dpa)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Berufsbedingte Schäden

Wenn Musikmachen Muskeln, Sehnen und Gelenke krank macht

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!