Der Siegeszug der Nelke in Europa

Der Gewürznelken-Baum (Syzygium aromaticum) ist Heilpflanze des Jahres 2010. Gewürznelken wirken schmerzstillend, entzündungshemmend, antibakteriell, verdauungsfördernd und stark belebend, begründete der Verein NHV Theophrastus in Chemnitz diese Wahl.

Von Ursula Armstrong Veröffentlicht:
© Shawn Hempel / fotolia.com

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Der etwa 15 Meter hohe immergrüne Nelkenbaum stammt ursprünglich von den Molukken, den Gewürzinseln, die heute zu Indonesien gehören. Heute werden Gewürznelken auch etwa auf Sansibar, Madagaskar und den Antillen angebaut. Alle Teile des Baumes enthalten ätherisches Öl. Geerntet werden jedoch hauptsächlich die noch ungeöffneten Blütenknospen, da sie den höchsten Gehalt an Wirkstoffen besitzen. Die Knospen werden getrocknet und dann als Gewürz verwendet. Für die Medizin sind verschiedene Extrakte und das durch Destillation aus den Blütenknospen oder Blättern gewonnene ätherische Öl von Bedeutung.

In China seit 1700 Jahren im Einsatz

Am bekanntesten ist wohl der Einsatz in der Zahnmedizin: Nelkenöl hilft bei Zahnschmerzen und Zahnfleischentzündungen und ist ein beliebtes Mittel zur Mundpflege. Der exotischen Heilpflanze werden zudem appetitanregende, blähungstreibende, krampflösende und verdauungsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Da das ätherische Gewürznelkenöl haut- und schleimhautreizend ist, darf es allerdings nur verdünnt angewendet werden. Auch in der Schwangerschaft sollte das Nelkenöl nicht verwendet werden, da es Wehen auslösen kann.

Der Nelkenbaum ist eine alte Kulturpflanze. In China wurden Gewürznelken bereits um 300 nach Christus verwendet. Wer den Kaiser ansprach, nahm Nelken in den Mund, um einen angenehmen Atem zu haben, heißt es in Dumont's "Großer Kräuter-Enzyklopädie". In Europa sind Gewürznelken seit dem frühen Mittelalter bekannt. Da die getrockneten Knospen ähnlich aus wie Nägel aussehen, wurden sie "Negelkin" (Nägelchen) getauft.

Das hat sich zu "Nelken" abgeschliffen. Im mittelalterlichen Europa waren Gewürze wertvoller als Gold. Da ging es um Pfeffer, Zimt, Vanille, Muskatnuss und vor allem um Nelken, mit denen die Reichen und Mächtigen gerne ihren Wein heftig würzten. Die exotischen Gewürze dienten als Zahlungsmittel und wurden mitunter sogar mit Gold aufgewogen.

Autsch! Nelkenöl ist ein altes Hausmittel bei Zahnschmerz. © drubig-photo / fotolia.com

Autsch! Nelkenöl ist ein altes Hausmittel bei Zahnschmerz. © drubig-photo / fotolia.com

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Zunächst brachten die Schiffe der norditalienischen Hafenstädte wie Genua und Venedig die Gewürze nach Europa. Doch Ende des 15. Jahrhunderts sah das aufblühende Osmanische Reich hier eine Möglichkeit, zu Reichtum zu kommen. Es brachte den Handel unter seine Kontrolle - und in Europa wurden die Gewürze um das 30-fache teurer.

Das konnte man nicht einfach so hinnehmen. Also beschlossen Portugal und Spanien, die damals die Vorherrschaft auf den Weltmeeren hatten, nach den Gewürzinseln zu suchen und diese zu erobern. So brach Kolumbus nach Westen auf (in seinem Logbuch notierte er, dass er nach Gewürznelken suche) und Vasco da Gama nach Osten.

1521 trafen die Flotten der Portugiesen und der Spanier vor den Molukken aufeinander. Keiner wollte nachgeben. Beide wurden außerdem von Sultanen der verschiedenen Inseln gegeneinander aufgestachelt. Und so kam es zum "Nelkenkrieg". Die Portugiesen gewannen. Und bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts hatten sie das Monopol auf den Gewürzhandel.

Gewürzhandel fest in der Hand der Niederländer

Dann erstarkte die Handelsmacht der Niederländer. 1602 gründen niederländische Kaufleute die Vereinigte Ostindien-Kompanie, die erste Aktiengesellschaft der Welt. Ziel der Unternehmung war der Ausbau des lukrativen Gewürzhandels. Heute gehören die Molukken zum Staat Indonesien, der 1945 proklamiert und 1949 von den Niederlanden unabhängig wurde. Noch heute sind Rotterdam und Amsterdam die Hauptumschlagplätze für Gewürze.

Übrigens: Die Blume mit dem Namen Nelke wurde in Europa erst viel später bekannt. Der erste Samen der Kaisernelke zum Beispiel kam erst 1705 von China nach Paris. Weil die Blumen, die zunächst zum Beispiel Gottesröschen hießen, ähnlich duften wie die Gewürznelken, wurde sie nach dem Gewürz benannt.

Tipp

Frische Nelken guter Qualität erkennt man daran, dass sie sich fettig anfühlen und etwas Öl absondern, wenn man mit dem Fingernagel den Stiel leicht anritzt. Oder man macht den Schwimmtest: Hochwertige Nelken sinken ins Wasser oder stellen sich zumindest senkrecht mit dem Köpfchen nach oben. Alte, mehr oder weniger entölte Nelken schwimmen waagerecht auf der Wasseroberfläche.

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