Sechsteilige Fernsehserie

Die Charité im Dreikaiserjahr 1888

Seit mehr als 300 Jahren wird an der Charité in Berlin geheilt und geforscht. Nun dreht die ARD eine historische Krankenhausserie über das Klinikum. Im Fokus: das Jahr 1888 und eine junge Aushilfswärterin.

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PRAG. Heute würde man von einem Exzellenzcluster sprechen: Im berühmten Dreikaiserjahr 1888 forschten und heilten gleich drei spätere Medizin-Nobelpreisträger an der Berliner Charité.

Neben Robert Koch, dem Entdecker des Milzbrands, waren es der Immunologe Emil von Behring und Paul Ehrlich, der Vater der Chemotherapie. Für die ARD Anlass genug, über diese spannende Zeit des medizinischen Umbruchs eine sechsteilige Fernsehserie zu drehen.

Regisseur Sönke Wortmann und sein Team fanden die passenden historischen Kulissen für die Serie "Charité", die im nächsten Jahr ausgestrahlt werden soll, im heutigen Prag. Am Eingang zum pathologischen Institut der Karls-Universität führt ein Schild zur "Leichenaufnahme", ein anderes zu den Dreharbeiten im großen Hörsaal.

Im Mittelpunkt der Szene steht Hilfswärterin Ida (Alicia von Rittberg), die mehr Interesse an der Medizin zeigt, als man Frauen in dieser Zeit zugesteht.

"Verlassen Sie den Hörsaal!"

Vom "Wunderchirurgen" Ernst von Bergmann wird Ida denn auch ganz schnell wieder hinauskomplimentiert. "Und nun verlassen Sie den Hörsaal, es ist zu Ihrem eigenen Besten", raunzt der Professor im Film die junge Frau an. Andernfalls wäre "das sittliche Wohl der männlichen Teilnehmer aufs Schlimmste gefährdet".

Ida-Darstellerin Alicia von Rittberg kann sich gut vorstellen, wie demütigend das gewesen sein muss: "Ich glaube, das ist sehr verletzend für jemanden, der das so erlebt."

Zum Glück haben sich die Zeiten inzwischen geändert. Weibliche Studierende seien an der Charité heute schon in der Mehrzahl, sagt Professor Karl Max Einhäupl, der Vorstandsvorsitzende des Krankenhauses. Das ist nicht zuletzt einem breiten Portfolio an Maßnahmen zur Frauenförderung an der Charité zu verdanken.

Idas fiktive Emanzipationsgeschichte ist bei "Charité" eingebettet in die große Medizin-Historie. Sie kommt als mittellose Patientin in das Krankenhaus und muss anschließend ihre Behandlungskosten abarbeiten.

So muss man sich das wohl vorstellen in der Zeit vor Gesundheitskarten und Abrechnungsformularen. "Wir können alle sehr froh sein, dass wir im Hier und Jetzt leben", sagt von Rittberg.

Ärzte ohne Desinfektionsmittel

Wie die Medizin damals ausgesehen hat? "Wahrscheinlich einfach sehr viel dreckiger als heute", meint die Schauspielerin. "Hygiene wurde noch nicht so großgeschrieben, man sieht Ärzte ohne Handschuhe und ohne Desinfektionsmittel operieren", erzählt Deutschlands jüngste Hollywood-Hoffnung von ihren Eindrücken am Filmset der Ufa Fiction.

Justus von Dohnányi (55) spielt den späteren Nobelpreisträger Robert Koch - doch keineswegs professoral, wie er betont. "Wenn man immer nur doziert, dann knüpfen die Zuschauer nicht an. Sie wollen wissen, was das für ein Mensch ist."

Den damaligen Umbruch und einmaligen Fortschritt in der Medizin vergleicht er mit der Erfindung des Computers. "Und so sehr, wie das unsere Welt verändert hat, so sehr hat die Entdeckung der Mikrobiologie die damalige Zeit verändert."

"Die Charité war im 19. Jahrhundert das Weltzentrum der medizinischen Innovation", sagt auch Charité-Vorstandschef Einhäupl.

Heute ist das Klinikum mit seinen konzernweit mehr als 16 800 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber der deutschen Hauptstadt. Wie wichtig medizinische Forschung auch heute noch sei, zeigt nach Ansicht von Einhäupl das Problem der multiresistenten Keime, die gegen eine Vielzahl von Antibiotika resistent sind.

"Wir werden auch dieses Problem lösen", sagt der 69-Jährige. Dennoch stimme es ihn manchmal etwas traurig, dass kaum jemand bereit sei, die Mehrwertsteuer für mehr Gesundheitsforschung um einen Prozentpunkt zu erhöhen.

Lag die Lebenserwartung im preußischen Kaiserreich bei rund 40 Jahren, so sind es für die heute Geborenen bereits je nach Geschlecht 77 bis 82 Jahre. Das bringt neue Herausforderungen mit sich, vor allem bei der Krebsbekämpfung und bei den Demenzerkrankungen. (dpa)

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