Die UNO wirbt für einen Speiseplan der Zukunft

Ernährungsfachleute wollen mehr proteinreiche Insekten auf die Teller bringen. Industriell aufgezogene Käfer, Heuschrecken oder Wasserwanzen könnten im Kampf gegen den Hunger eingesetzt werden. Handelt es sich hier womöglich auch für Europäer um das Essen von morgen?

Von Hanns-Jochen Kaffsack Veröffentlicht:
Insekten, für europäische Gaumen arg gewöhnungsbedürftig: Großes Angebot auf einem Markt in Kambodscha.

Insekten, für europäische Gaumen arg gewöhnungsbedürftig: Großes Angebot auf einem Markt in Kambodscha.

© Sammy / fotolia.com

ROM. Leckere Larven, Grillen vom Grill, dazu geröstete Termiten oder ein Palmrüsselkäfer-Barbecue - steht all das auf der Speisekarte der Welt von morgen? Für zahllose Menschen in Afrika, in Asien und Lateinamerika gehören Insekten schon zu den alltäglichen Nahrungsmitteln - vor allem dort, wo Fleisch und Fisch rar sind.

Weil knapp eine Milliarde Menschen weltweit hungern und es auch sonst gute Gründe dafür gibt, kommt die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) auf die etwa 1000 essbaren Insektenarten auf der Erde zurück. Sie hat eine Kampagne gestartet, um diese eiweißreichen Tiere auf leere Teller zu bringen. Ob auch in der Alten Welt bald die frittierte Wasserwanze das Steak ersetzt? Wohl eher nicht.

Zum Bier gibt's Maden und Heuschrecken

"Die Thais essen Maden, Heuschrecken, Kakerlaken und einiges andere mehr, als Snack, meist frittiert und dann zum Bier", berichtet der deutsche Geschäftsmann Moritz Janosch (30) aus Indien von seinen reichhaltigen asiatischen Erfahrungen. Ihm selbst hat man solche Kleintiere zum Abendessen nicht richtig schmackhaft machen können, "denn so abenteuerlich bin ich nun auch wieder nicht".

"Die Menschen beißen zurück"

Die FAO streicht indessen die bemerkenswerten Vorteile der alten Tradition heraus, sich vor allem aus dem Wald Insekten zu holen, die vom Nährwert her Mensch und Tier satt machen. "Seit Jahrtausenden essen Menschen Insekten, heute wird das aber manchmal lächerlich gemacht und als altbacken und ungesund abgetan", sagt Hiroyuki Konuma von der FAO in Asien und wirbt für einen neuen Speiseplan.

Igitt? Maden-Gericht in einer RTL-Show mit Lisa Fitz.

Igitt? Maden-Gericht in einer RTL-Show mit Lisa Fitz.

© dpa

"Waldinsekten als Nahrung: Die Menschen beißen zurück", so lautete das Motto einer internationalen FAO-Tagung im thailändischen Chiang Mai.

Bis Anfang nächsten Jahres sollte ein Aktionsplan fertig sein, der für eine appetitanregende Kampagne die interessierten Länder, Organisationen und privaten Initiativen zusammenführt.

Dass vieles sich in Thailand abspielt, ist kein Zufall: Dort sammeln oder züchten 15 000 Bauern Insekten. Auch in Laos ist das mehr als eine Freizeitbeschäftigung. In China werden derweil essbare Skorpione bereits in Zuchtanlagen aufgepäppelt, während es im südlichen Afrika die Mopane-Raupe ist, die milliardenfach als Nahrungsmittel dient.

Warum aber will man uns Insekten schmackhaft machen? Immer mehr Menschen müssen ernährt werden, und die Vorliebe von Milliarden für das saftige Steak belastet die Umwelt und die Ressourcen.

"Dabei liefern uns alle essbaren Insekten im hohen Maße ungesättigte Fettsäuren, viel Eisen, Fett, Mineralien und Vitamine", hält ein Papier der UN-Organisation dagegen - und stellt sogar eine Hitliste der wichtigsten essbaren Insekten in der asiatisch-pazifischen Region auf. Sie reicht vom Bambusrohrzünsler über Mistkäfer und die riesige Wasserwanze bis zu Ameisen und Bienen.

"Als einer der Vorteile gilt dabei, dass diese Insekten oft dort gesammelt oder gezüchtet werden, wo man keine Pestizide anwendet." In den Wäldern vor allem. Sie können also von Farmern in einem nachhaltigen Verfahren aufgezogen werden und nebenbei Arbeitsplätze schaffen.

Grillen etwa fressen um ein Mehrfaches weniger als Rinder, Schafe oder auch Schweine für die Proteinmenge, die sie - wiederum auch als Tierfutter - dem "Züchter" dann liefern. Sie tragen auch weniger zu den Treibhausgasen bei, und können in vielen Fällen auf organischem Abfall aufwachsen.

"Der ökologische Fußabdruck der Insekten ist kleiner als bei dem herkömmlichen Vieh", so nennt das die FAO. Und erwähnt dabei auch gleich, dass Insekten wie Biene, Mistkäfer oder Ameise zudem noch dem Öko-System dienen - durch Pollenübertragung, die "Verarbeitung" der organischen Abfälle und Schädlingsvertilgung.

Kampagne steckt noch in den Kinderschuhen

Damit auch der Mensch in den westlichen Ländern Geschmack an Insekten bekommt und eine akzeptable Nahrung auf dem Teller, müssen noch "Verarbeitungstechnologien" entwickelt werden, hält ein Bericht des leitenden Bangkoker FAO-Waldexperten Patrick B. Durst fest.

Die ganze Kampagne steckt zwar bisher noch in den Kinderschuhen, doch spüren die Fachleute ein steigendes Interesse. Man wird also sehen, welche Insekten es vielleicht doch auf den Tisch auch der Europäer schaffen. (dpa)

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