Australien

Die freiwilligen Helden der Buschfeuer

Sie sind Klempner oder Krankenschwester, aber derzeit sind sie vor allem eines: Feuerwehrleute. Die freiwilligen Helfer in Australien sind zu den Helden der Brände geworden.

Von Subel Bhandari und Caroline Bock Veröffentlicht:
Verschnaufen inmitten von Qualm: Brandlöschermachen eine Pause bei Taree, New South Wales.

Verschnaufen inmitten von Qualm: Brandlöschermachen eine Pause bei Taree, New South Wales.

© Photoshot / picture alliance

Canberra. Er hat noch den Schnuller im Mund. Der kleine Sohn eines Feuerwehrmannes trägt bei der Beerdigung seines Vaters ein Uniform-Hemdchen. Vor ihm steht der Feuerwehrchef eines australischen Bundesstaates und heftet ihm eine Auszeichnung an, für den mutigen Einsatz seines Vaters. Es ist ein symbolisches Bild: Um die 200.000 freiwillige Feuerwehrleute kämpfen gegen die Brände auf dem Kontinent. Tag und Nacht, bis zur Erschöpfung.

Die Feuerwehrleute sind zu den Helden der Katastrophe geworden, ähnlich wie nach den Terroranschlägen 2001 in den USA. Die Brände, die besonders im Südosten Australiens wüten, sind viel schlimmer als sonst und haben früher angefangen. Das steckt vielen Helfern in den Knochen.

Die Feuerwehrfrau Brigitte Lewis hat fast selbst ihr Haus im Nordwesten von Sydney verloren. Gestern hatte ihre Brigade zum ersten Mal seit Oktober eine Ruhepause, wie erzählt. „Es war gnadenlos, viel länger als sonst.“ Sie sagt: Wenn da nicht die vielen Tausend Freiwilligen wie sie gewesen wären, dann wären noch viel Häuser mehr zerstört worden. Und es hätte noch viel mehr Tote gegeben. 20 sind es im Bundesstaat New South Wales.

Premier Morrison versagt

Die Feuerwehrkollegen sind für Lewis wie eine Familie. Da gibt es Kameradschaft, man unterstützt sich untereinander, wie die Krankenschwester sagt. „Aber das bezahlt nicht die Rechnungen.“ Seit Oktober war sie wegen der Feuer nicht bei der Arbeit.

Die Freiwilligen, die Feuerkrise und die Regierung, das ist ein Thema für sich. Australiens Premierminister Scott Morrison ist als Krisenmanager nicht nur wegen eines Hawaii-Urlaubs mitten während der Brände in der Kritik geraten. So sagte er im Dezember auf die Frage, wie lange die Feuerwehrleute noch unbezahlt arbeiten sollten: Diese wollten doch dort sein. Später versprach er bis zu 6000 australische Dollar (3700 Euro) Entschädigung.

Ein Feuerwehrmann versucht mit einem Gegenfeuer einen herannahenden Brand bei Nattai, südwestlich von Sydney, einzudämmen.

Ein Feuerwehrmann versucht mit einem Gegenfeuer einen herannahenden Brand bei Nattai, südwestlich von Sydney, einzudämmen.

© Rick Rycroft / AP Photo / picture alliance

Als Morrison Reservisten aus dem Militär mobilisierte, klagten wichtige Feuerwehrchefs, sie hätten das aus den Medien erfahren. Noch ein unglücklicher Moment: Ein Feuerwehrmann mochte dem Premier bei einem Ortsbesuch nicht die Hand schütteln.

Neville Stewart, Chef der Feuerwehr eines Vororts von Melbourne, kennt den Kampf gegen die Buschbrände seit mehr als 20 Jahren. „Dieses Jahr ist ganz anders.“ Normalerweise gingen dort Feuer erst Mitte Januar richtig los, dieses Mal sei es Dezember gewesen. Im Hauptberuf ist Stewart Klempner. Er hält Ehrenamtliche, mit denen das System überwiegend funktioniert, für besser als bezahlte Kräfte. Das sei viel zu teuer, wo es ohne große Buschbrände oft nur drei oder vier Anrufe im Jahr gebe.

Feuerwehrleute in Deutschland ziehen den Hut. Die Einsatzkräfte in Australien leisteten derzeit Großes, nahezu Unmögliches, sagte der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Knorr, der dpa. „Und wir zollen ihnen größten Respekt!“ Die Feuerwehr in Deutschland hat es längst nicht mit solchen gewaltigen Dimensionen zutun wie in Australien, wie Knorr betont. Sie ist aber auch besonders auf Ehrenamtliche angewiesen: In der Fläche, ob in Brandenburg oder Niedersachsen, helfen viele Freiwillige bei Bränden.

Große Spendenbereitschaft

Die Arbeit der australischen Feuerwehrleute bekommt viel Anerkennung. Die Spendenwelle ist riesig. Die australische Komikerin Celeste Barber trommelte umgerechnet etwa 25 Millionen Euro zusammen. Bei anderen Organisationen wie dem Roten Kreuz waren es ebenfalls Millionensummen.

Gewaltige Brände haben nicht nur im Bundesstaat New South Wales Katastrophenalarm ausgelöst.

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© Photoshot / picture alliance

Die Spenden seien „extrem großzügig“, sagte der Feuerwehrchef von New South Wales, Shane Fitzsimmons, laut der britischen Zeitung „Guardian“. Jetzt gibt es demnach die „schöne Herausforderung“, zu schauen, wohin das Geld fließen wird. Für die vielen Feuerwehrleute ist das sicher ein Lichtblick.

Vor kurzem musste Fitzsimmons wieder zu der Beerdigung eines Kameraden gehen. Der 36-Jährige war ums Leben gekommen, als sich sein Truck vor Weihnachten in einem Feuertornado überschlug. Es war der dritte Tote der Feuerwehr in New South Wales seit Beginn der Brände. Fitzsimmons versicherte der kleinen Tochter bei der Trauerfeier in Sydney, ihr Vater sei ein Held gewesen. (dpa)

Benefizkonzert in Sydney

  • Mit einem neun Stunden langen Konzert am 16. Februar in Sydney wollen zahlreiche prominente Musiker Geld für die Buschbrand-Hilfe in Australien sammeln.
  • Darunter sind die Band Queen mit Adam Lambert, Alice Cooper, Icehouse, John Farnham, K.D. Lang und 70er-Jahre-Star Olivia Newton-John.
  • Gastgeberin des Festivals („Concert for National Bushfire Relief“) ist die Komikerin Celeste Barber. Sie hatte im Internet 50 Millionen australische Dollar an Spenden zusammengetrommelt.
  • Die Veranstalter versprachen, der gesamte Erlös komme den Feuerwehrleuten in Australien, dem Roten Kreuz und einer Tierschutz-Organisation zu Gute.

Mehr Infos finden Sie unter: https://firefightaustralia.com

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