Gerontologische Pflege - ein Fach mit Zukunft

Einem kinderlosen wohlhabenden Münchner Unternehmerpaar ist es zu verdanken, dass es den ersten Lehrstuhl für "Gerontologische Pflege" in Deutschland gibt. Denn mit Fördermitteln aus der Josef und Luise KraftStiftung kann jetzt nach innovativen Pflegekonzepten für die Zukunft geforscht werden.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Immer mehr junge und gut qualifizierte Menschen werden für die Pflege gebraucht. ©Imago

Immer mehr junge und gut qualifizierte Menschen werden für die Pflege gebraucht. ©Imago

© Imago

MÜNCHEN. Der erste Lehrstuhl für "Gerontologische Pflege" in Deutschland ist an der Katholischen Stiftungsfachhochschule (KSFH) München errichtet worden. Möglich geworden ist das durch die Förderung der privaten Josef und Luise Kraft-Stiftung.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte die Stiftung zur Finanzierung einer Stiftungsprofessur "Gerontologische Pflege" an der KSFH für die nächsten fünf Jahre insgesamt 500 000 Euro bereitgestellt. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat daraufhin die Stiftungsprofessur in sein Förderprogramm aufgenommen und noch einmal 50 000 Euro dazu gegeben. Zusammen mit der Stiftungsprofessur, auf die Professor Bernd Reuschenbach aus Heidelberg nach München berufen wurde, hat die KSFH auch den bundesweit ersten Studiengang "Pflege dual" mit 57 Studierenden eingerichtet.

Nicht Überalterung, sondern "Unterjüngerung"

Bei einem Festakt der Fachhochschule lobte Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer die Initiative. Dass die sozialen Berufe eine zunehmende Professionalisierung und Akademisierung erfahren, sei gut und richtig, sagte sie. In den kommenden Jahren werde die Zahl der Pflegebedürftigen erheblich steigen, "und das in einer Gesellschaft, in der es immer weniger Junge geben wird", erklärte Haderthauer. "Oben werden es immer mehr und unten immer weniger", sagte die Ministerin mit Blick auf die demografische Entwicklung.

"Im Jahr 2050 werden wir es mit Senioren zu tun haben, von denen nur noch ein Drittel Kinder haben wird." Professor Bernd Reuschenbach Lehrstuhl für Gerontologische Pflege ©KSFH

"Im Jahr 2050 werden wir es mit Senioren zu tun haben, von denen nur noch ein Drittel Kinder haben wird." Professor Bernd Reuschenbach Lehrstuhl für Gerontologische Pflege ©KSFH

© KSFH

Statt von einer Überalterung der Gesellschaft sollte besser von einer "Unterjüngerung" gesprochen werden, meinte Reuschenbach. "Im Jahr 2050 werden wir es mit Senioren und Seniorinnen zu tun haben, von denen nur noch ein Drittel Kinder und nur noch jeder zweite Enkel haben wird", sagte er. Zugleich werde das Potenzial für Pflegekräfte schrumpfen. Umso wichtiger sei es daher, dass der Beruf der Pflegenden weiter professionalisiert wird.

Neue Karrierechancen für Pflegende

Mit dem neuen Studiengang gebe es für junge Menschen, die sich für einen sozialen Beruf entscheiden, auch Chancen für eine Karriere vom Bachelor über den Master bis zur Promotion oder gar zur Habilitation, betonte Reuschenbach. Ausgebildete Fachkräfte würden in Zukunft nicht nur am Kranken- und Pflegebett gebraucht. Auch die Beratung und das Casemanagement mit Lotsenfunktion werde in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus benötige die Pflege ein wissenschaftliches Fundament, damit sich auch die Versorgungsqualität verbessere, erklärte Reuschenbach.

Einzelschicksale bislang im Fokus der Stiftung

Die Josef und Luise Kraft-Stiftung hat sich in den vergangenen Jahren vor allem um die Förderung mittelloser und hilfsbedürftiger alter Menschen gekümmert, berichtete Stiftungsvorstand Dr. Harald Mosler. Die Stiftung entstand Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, nachdem Josef Kraft, Inhaber eines alteingesessenen mittelständischen Münchner Baustoffunternehmens, kinderlos gestorben war. Kraft hatte in seinem Testament verfügt, dass das Unternehmen in eine gemeinnützige Stiftung überführt werden sollte. Heute ist die Stiftung alleinige Gesellschafterin der Kraft Baustoff GmbH, zu der inzwischen fünf weitere Unternehmen gehören.

Bisher habe die Josef und Luise Kraft-Stiftung insgesamt acht Millionen Euro zur Unterstützung zahlloser Einzelschicksale ausgegeben, berichtete Mosler. Im vergangenen Jahr haben Stiftungsrat und Stiftungsvorstand zwei besondere Förderprojekte beschlossen, von denen eines die Errichtung der Stiftungsprofessur im Bereich "Gerontologische Pflege mit den Schwerpunkten Forschung und Qualitätsentwicklung" ist, berichtete Mosler.

Alte Menschen empfangen nicht nur, sie geben auch

Das zweite Förderprojekt ist die Initiative "Starke Senioren helfen Kindern". Zusammen mit dem Verein "brotZeit" organisiert die Stiftung an 13 Grundschulen in München für rund 800 Kinder jeden Tag ein Frühstück in der Schule. Etwa 60 ältere Frauen und Männer sorgen dafür, dass Kinder, die zu Hause kein Frühstück bekommen, in der Schule regelmäßig vor dem Unterrichtsbeginn essen können. Gegründet wurde der Verein brotZeit von der Schauspielerin Uschi Glas und ihrem Ehemann Dieter Hermann.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

© undrey / stock.adobe.com

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel