Göttinger Initiative

Hilfe für Eltern von Frühchen

Eltern von Frühchen befinden sich oft in einer emotionalen Ausnahmesituation. Um Mütter und Väter im Raum Göttingen zu unterstützen und Mut zu machen, gibt es die Eltern-Initiative "Kleine Löwen".

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:
Sommerfest mit Kinderschminken: Die Kinder - hier auf dem Göttinger Universitätsgelände - sind als Frühchen auf die Welt gekommen.

Sommerfest mit Kinderschminken: Die Kinder - hier auf dem Göttinger Universitätsgelände - sind als Frühchen auf die Welt gekommen.

© Niemann

GÖTTINGEN. "Da liegt ein Baby!" Moritz zeigt begeistert auf den Transport-Inkubator, den das Team eines Rettungswagens vor der Kinderklinik des Göttinger Universitätsklinikums aufgestellt hat.

Das Baby ist allerdings kein echtes Baby, sondern eine Puppe, die beim ersten Sommerfest für frühgeborene Kinder der Universitätsmedizin als Demonstrationsobjekt dient.

Der Dreijährige ist eines von mehr als 100 Kindern, die an diesem Samstagnachmittag gemeinsam mit ihren Eltern nach Göttingen gekommen sind.

Die Kinder haben eines gemeinsam: Sie haben alle längere Zeit in einem Inkubator gelegen, weil sie als besonders frühe "Frühchen" auf die Welt gekommen sind und eine intensivmedizinische Betreuung benötigten.

Allein in den vergangenen fünf Jahren wurden in der Göttinger Uni-Klinik etwa 350 Kinder betreut, die bei der Geburt weniger als 1500 Gramm wogen.

Das Sommerfest ist eine gemeinsame Veranstaltung der Universitätsmedizin und des Vereins "Kleine Löwen", einer Initiative für Eltern von Frühgeborenen in Göttingen und Umgebung.

"Eltern von Frühgeborenen befinden sich in einer emotionalen Ausnahmesituation", erläutert die Vereinsvorsitzende und Mitbegründerin der Initiative, Sylvia Stecker aus Seeburg (Kreis Göttingen).

Viele hätten Ängste und sorgten sich um den Gesundheitszustand und die Zukunft ihres Kindes. Insbesondere Mütter kämpften häufig mit Schuldgefühlen und trauerten um die entgangenen Wochen und Monate ihrer Schwangerschaft.

"Es ist schwierig zu erklären, wie man sich fühlt", sagt Sylvia Stecker, die selbst Mutter eines inzwischen elf Jahre alten "Frühchens" ist.

Kein seltenes Phänomen

"Deshalb ist es hilfreich, sich mit anderen Eltern austauschen zu können, die das gleiche Schicksal haben. Das bringt eine emotionale Entlastung", erklärt Stecker. Die Initiative bietet daher regelmäßig Treffen an, auf denen Eltern ihre Erfahrungen austauschen können.

Frühgeburten sind kein seltenes Phänomen. Acht Prozent aller in der Göttinger Uni-Klinik betreuten Geburten seien Frühchen, die bei ihrer Geburt weniger als 1500 Gramm wiegen, erläutert der Leiter der Neonatologie, Dr. Helmut Küster.

In der Regel werden diese Babys per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Meist bleiben sie mehrere Monate auf der Perinatalstation, wo sie intensivmedizinisch versorgt, überwacht und betreut werden. "95 Prozent werden gesund nach Hause entlassen", sagt Küster.

Das vorzeitige Ende der Schwangerschaft bringt allerdings diverse gesundheitliche Probleme mit sich, auf die sich Eltern einstellen müssen. Hauptproblem sei die Ernährung, sagt Küster.

Frühgeborene seien häufig zunächst nicht in der Lage zu trinken und müssten die Schlucktechnik erst mühsam erlernen.

Fast alle hätten außerdem kleinere motorische Beeinträchtigungen, die durch eine entsprechende Krankengymnastik und andere Fördermaßnahmen jedoch ausgeglichen werden können.

"Der Start ist oft schwierig und sehr holprig", bestätigt Sylvia Strecker. Bei manchen Kindern zeige sich auch eine gewisse soziale Ängstlichkeit und Unruhe.

Die Initiative "Kleine Löwen" will den häufig verunsicherten Eltern nicht nur praktische Tipps geben, sondern ihnen auch Mut machen, hoffnungsvoll in die Zukunft ihrer Kinder zu blicken: "Die werden schon was!"

Davon konnten sie sich auch beim Sommerfest am Göttinger Uni-Klinikum überzeugen: Die einstigen Frühchen tollten putzmunter auf der Hüpfburg und den Klettergerüsten herum und machten begeistert bei allen Spiel- und Spaßaktionen mit.

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