Abschiebungen

Innenminister greift Ärzte harsch Kritik an

Die Flüchtlingszahlen sind hoch, die Abschiebezahlen niedrig. Innenminister de Maizière meint, Ärzte stellten zu viele Atteste aus. BÄK-Präsident Montgomery findet die Vorwürfe unangemessen.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:

BERLIN. Innenminister Thomas de Maiziére hat mit einem Interview nicht nur unter Ärzten für großen Unmut gesorgt. Der CDU-Politiker hält die Zahl der von Ärzten ausgestellten Atteste, die Flüchtlinge für nicht abschiebefähig erklären, für deutlich zu hoch.

In der "Rheinischen Post" wird er mit den Worten zitiert: "Es werden immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gibt. Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden. Dagegen spricht jede Erfahrung."

Montgomery: Ärzte geraten immer wieder zwischen Fronten

Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery sieht die betreffenden Ärzte ungerechter Kritik ausgesetzt. "Ärztliche Gutachter in Abschiebeverfahren geraten immer wieder zwischen die Fronten. Mal wird ihnen vorgeworfen, sie erstellten Gefälligkeitsgutachten im Sinne der Asylbewerber, dann heißt es wieder, sie seien Erfüllungsgehilfen staatlicher Stellen.

 Solche Unterstellungen - egal aus welcher Richtung sie kommen - entbehren jeder Grundlage und bringen uns nicht weiter", so Montgomery. Wichtig sei, dass ärztliche Gutachter die Möglichkeit erhielten, jeden Fall genau zu prüfen und dass sie dafür entsprechend qualifiziert seien. Die Behörden könnten sich jederzeit an die Landesärztekammern wenden, die ihnen qualifizierte Gutachter nennen. Diese Möglichkeit werde aber kaum genutzt.

Der BÄK-Präsident sieht die Politik am Zug. Statt den öffentlichen Gesundheitsdienst weiter kaputt zu sparen, sollten seine Ressourcen den steigenden Anforderungen durch die Flüchtlingsversorgung angepasst werden.

Zudem müsse den ärztlichen Gutachtern für eine gründliche Diagnose körperlicher und seelischer Krankheiten ausreichend Zeit gegeben und ausgebildete Dolmetscher zur Verfügung gestellt werden. "Gerade bei den beschleunigten Abschiebeverfahren nach dem Asylpaket II ist das nicht mehr gewährleistet", kritisiert Montgomery.

Scharfe Worte kommen von den Linken

"Die Kolleginnen und Kollegen sind ausschließlich den Bestimmungen und Codices ihrer ärztlichen Profession verpflichtet", kommentiert der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Peter Nienhaus, die Aussagen de Maizières. In den Aussagen des Ministers werde das Bestreben der Politik deutlich, vom eigenen Unvermögen abzulenken.

Scharfe Worte kommen von den Linken: "Ohne fundierte Belege ist seine Diagnose so ernst zu nehmen wie die eines Hobbydoktors. Noch schlimmer ist, dass der Minister offenbar nicht begreifen will, dass hinter den Abschiebezahlen nicht Objekte, sondern Menschen stehen, über deren Gesundheitszustand zu Recht Ärzte befinden und nicht Bürokraten", so Fraktions-Vize Jan Korte.

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