Klinik-Alltag mit Mama, Papa und Jenna

Im Unfallkrankenhaus Berlin ist ein Kindergarten für den Nachwuchs von Mitarbeitern eröffnet worden - mit einem innovativen Konzept, das auf die Vermittlung von Kultur und Mehrsprachigkeit setzt.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Arzt Mitja Panzer und Op-Schwester Julia Haselow sowie die gemeinsame Tochter Jenna am Sandkasten im Kitagarten.

Arzt Mitja Panzer und Op-Schwester Julia Haselow sowie die gemeinsame Tochter Jenna am Sandkasten im Kitagarten.

© Mißlbeck

BERLIN. Jenna rennt neugierig die breiten Stufen zum Kindergarten hinauf. Drinnen fängt das knapp vierjährige Mädchen an zu lachen. "Guck mal Papa! Schau mal Mama!" ruft Jenna immer wieder. Vater Mitja Panzer, Arzt in der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin des Unfallkrankenhauses Berlin (UKB) in Marzahn und Mutter Julia Haselow, OP-Schwester, müssen sich beeilen, um mit der kindlichen Begeisterung mitzukommen.

In einem der großen Altbauräume erforscht Jenna die Kletterlandschaft, in einem anderen probiert sie den Ohrensessel für Prinzessinnen, der neben einem Bücherregal zum Schmökern einlädt. Dann wieder will eine Theaterbühne mitsamt Puppenspielfiguren bespielt werden. Xylofon und Trommeln machen schöne Töne.

An der Staffelei im Nebenzimmer fehlen noch die Farben. Aber die Fische im Aquarium im Eingangsflur sind auch ganz spannend.

Dussmanngruppe und UKB ziehen an einem Strang

Das Aquarium war Catherine von Fürstenberg-Dussmann eine Herzensangelegenheit. Sie hat es aus ihrem Privatvermögen finanziert. Doch auch das Drumherum gefällt ihr. Die Vorsitzende des Stiftungsrates der Dussmanngruppe ist fast ebenso begeistert über das Ergebnis der Kooperation mit dem UKB wie die kleine Jenna.

Wie klingt das Xylofon? Catherine von Fürstenberg-Dussmann (links) von der Dussmanngruppe hat das innovative Kindergartenkonzept mit realisiert.

Wie klingt das Xylofon? Catherine von Fürstenberg-Dussmann (links) von der Dussmanngruppe hat das innovative Kindergartenkonzept mit realisiert.

© Mißlbeck

Der Dussmann-KulturKindergarten am UKB ist ihr Baby. Und er ist ein Erstling, der Prototyp sozusagen. Das UKB und die Dussmanngruppe haben ihn gemeinsam geplant und realisiert. Ende 2009 kamen die Partner zusammen. Das Krankenhaus hat in die Räume investiert und das denkmalgeschützte Gebäude auf dem Klinikgelände restauriert.

Dussmann trägt das unternehmerische Risiko für den laufenden Betrieb der nach außen offenen Kita, die sich wie alle Kindertagesstätten in Berlin überwiegend aus einem System mit Gutscheinen finanziert, die Eltern auf Antrag bei der Stadt bekommen. Das Konzept haben beide Partner gemeinsam entwickelt.

Der Kulturkindergarten steht auf mehreren Säulen. Ganz flexible Öffnungszeiten brauche es wegen der verrückten Dienstpläne der Ärzte, wie die Amerikanerin von Fürstenberg-Dussmann sagt. Die zweite Säule, das kulturelle Profil liegt nahe, weil Dussmann auch das Kulturkaufhaus in Berlin betreibt.

Dazu kooperiert auch die Kunsthochschule Weißensee. "Wir wollen nicht mit High End Kunst auf die Zweijährigen herabprasseln", stellt UKB-Chef Professor Axel Ekkernkamp richtig. Es geht mehr ums Selbermachen: "Singen, Tanzen, Malen, Theater - wir wollen, dass die Kinder das in sich finden", sagt Catherine von Fürstenberg-Dussmann.

Und schließlich ist die Kita auch noch bilingual. In jeder der fünf Kindergruppen mit je drei Erzieherinnen ist eine englische Muttersprachlerin dabei.

Bisher musste oft die Oma einspringen

Die Zusatzangebote entfalten ihren Charme auch bei Mitja Panzer und Julia Haselow. "Englisch - das machen Kinder in dem Alter so nebenbei. Davon erhoffen wir uns viel", sagt der Anästhesist. Doch vor allem waren die Öffnungszeiten ausschlaggebend dafür, dass sie Jenna die Kita haben wechseln lassen.

"Wir haben oft überlappende Dienste. Bisher muss dann jedes Mal die Oma einspringen", sagt Mitja Panzer. In den nächsten zwei Jahren wird das anders. Die neue Betriebskita des UKB ist wochentags von sechs bis 21 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr offen. An 365 Tagen im Jahr. Kitaferien gibt es nicht. Dafür sorgt das UKB.

Chef Ekkernkamp betrachtet das Angebot nicht als Frauenfördermaßnahme, sondern als Unterstützung für Familien. "Wir haben eine ganze Reihe männlicher Mitarbeiter, auch im ärztlichen Bereich, die Elternzeit nehmen. Und das finden wir gut", sagt er. Der UKB-Chef verweist auch auf den wachsenden Fachkräftemangel: "Wir müssen wenigstens die Potenziale ausschöpfen, die wir haben."

70 Kinder stehen auf der Warteliste

Ekkernkamps Strategie scheint mit der Kita aufzugehen. Catherine von Fürstenberg-Dussmann berichtet von einem UKB-Arzt, der gesagt haben soll: "Herr Ekkernkamp, wenn Sie einen Kindergarten machen, dann mache ich ein Baby."

Die Kita nimmt Babys ab acht Wochen auf. Doch den Nachwuchs sollte der Arzt frühzeitig anmelden, denn die Warteliste ist mit 70 Plätzen derzeit voll.

Mitja Panzer ist bereits Vater von drei Kindern. Mit Blick auf die Baustelle im Nebenhaus des Kindergartengebäudes sagt er schmunzelnd: "Vielleicht entsteht dort jetzt noch die betriebseigene KulturSchule."

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Kommentare
Dr. Jürgen Groß 20.08.201111:26 Uhr

UKB-Klasse

Klasse, Herr Professor Eckernkamp, dass Sie die hohe nationale und internationale medizinische Reputation des UKB durch diese großartige soziale Komponente erweitern.
Dr. Jürgen Groß
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