Mit "Arzt heute" gegen Bertelsmann und FAZ

Weniger als drei Jahre nach ihrer Gründung sollte die "Ärzte Zeitung" Konkurrenz bekommen. Mächtige Verlage wie Bertelsmann und FAZ planten eigene Tageszeitungen für Ärzte. Klaus Rehnig, Gründer der "Ärzte Zeitung", hatte einen genialen Plan.

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Neu-Isenburg, 28. Mai 1985. Ein Coup aus dem Verlag der "Ärzte Zeitung" überrascht Ärzte, Anzeigenkunden und Wettbewerber unter den medizinischen Fachmedien: seit diesem Tag erhalten Ärzte eine zweite Tageszeitung - "Arzt heute".

Mit erheblichen Folgen für jene Verlage, die der seit 1983 erfolgreichen und stark expandierenden "Ärzte Zeitung" Konkurrenz machen wollten.

Bertelsmann und FAZ in den Startlöchern

Die Vorgeschichte zu "Arzt heute" ähnelt einem Krimi. Aus der Ökonomie ist bekannt, dass wirtschaftlicher Erfolg Wettbewerber anlockt wie das Licht die Motten. Spätestens gegen Ende 1984 zeichnete sich ab, dass andere Verlage sich daran machten, das Geschäftsmodell "Tageszeitung für Ärzte " zu kopieren: der Verlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Bertelsmann Fachverlag.

Der Verleger der "Ärzte Zeitung" Klaus Rehnig reagierte mit einem genialen Schachzug.: Er "verstopfte" den Markt mit einer in Windeseile gegründeten eigenen Zweitzeitung.

In der Praxis lief das ab wie eine geheime Kommandosache: Als die Redaktion Anfang Januar 1985 aus den Ferien an die Schreibtische zurückkehrte, war sie um einen "Redakteur für besondere Aufgaben" bereichert -Hagen Rudolph.

Er hatte eine etwas bizarre Karriere, war Chefredakteur von "Musik und Medizin" gewesen, hatte in Leitungspositionen beim Satiremagazin "Pardon" gearbeitet und schließlich als Autor beim "Stern" geschrieben.

Der Habitus des damaligen Mittvierzigers ähnelte dem eines in die Jahre gekommenen Hippie: längliche Zottelhaare, Schnauzer, immer die gleiche Lederjacke und Jeans. Was er eigentlich arbeitete, wusste in der Redaktion niemand. Bis schließlich Mitte Februar 1985 Klaus Rehnig alle leitenden Mitarbeiter zu einer Konferenz bat und das Geheimnis um Hagen Rudolph lüftete.

Eine Überraschung für Kunden und Wettbewerber

Unter seiner Leitung sollte binnen weniger Wochen eine schlagkräftige eigenständige Tageszeitungs-Redaktion entstehen, die, so der Plan, im Frühjahr als Präventionsschlag gegen Mitbewerber im Markt platziert werden sollte.

Führungskräfte der "Ärzte Zeitung" sollten mit ihrem Know how, vor allem auch mit ihren Kontakten helfen, das Projekt auf die Beine zu stellen. Wichtigste Bedingung: absolute Geheimhaltung.

So wurden konspirative Bewerbungsgespräche mit Ressortleitern und Redakteuren geführt - erfolgreich. Erst wenige Tage vor dem ersten Erscheinungstag von "Arzt heute" wurden die Anzeigenkunden über die neue Werbe-Option informiert.

Die Konsequenzen waren weitreichend: Bertelsmann verzichtete darauf, eine eigene Tageszeitung auf den Markt zu bringen und kaufte später die "Ärzte Zeitung". Die FAZ blieb hartnäckig und brachte unter großen Schmerzen im Herbst 1985 "Die Neue Ärztliche" auf den Markt.

Mit hohem journalistischen Anspruch, vor dem die Redakteure der "Ärzte Zeitung" Respekt hatten. Ein wirtschaftlicher Erfolg wurde "Die Neue Ärztliche" nie. 1989 stellte sie ihr Erscheinen ein.

"Arzt heute" lebte nur gut ein Jahr. Im Sommer 1986 war Schluss, sie hatte ihren Zweck erfüllt. Aber viele Redakteure kamen zur "Ärzte Zeitung". Auch Chefredakteur Hagen Rudolph. (HL)

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