Wege in die Niederlassung

Mit Tschechow als Vorbild zur Allgemeinmedizin

Dr. Elena Bulanova hat eine lange berufliche Karriere mit Stationen in Moskau, Chicago und Berlin hinter sich. Sie ist doppelpromoviert und hat sich in Ländern mit fremden Sprachen etabliert. Inzwischen hat sie ihre Berufung gefunden: als Allgemeinmedizinerin in einer Gemeinschaftspraxis in Eutin.

Von Dirk Schnack Veröffentlicht:
Nach der Geburt ihres Kindesentschied sich Dr. Elena Bulanova beruflich einen neuen Weg zu gehen. Sie arbeitet in einer großen allgemeinärztlichen Praxis mit dreiPraxispartnern in Eutin.

Nach der Geburt ihres Kindes entschied sich Dr. Elena Bulanova beruflich einen neuen Weg zu gehen. Sie arbeitet in einer großen allgemeinärztlichen Praxis mit drei Praxispartnern in Eutin.

© Dirk Schnack

Eutin. „Ich bin sehr glücklich mit dieser Entscheidung. Die Arbeit mit den Patienten macht mir großen Spaß“, sagt Dr. Elena Bulanova nach den ersten Monaten mit eigener Zulassung.

Die gebürtige Russin ist 49 Jahre alt und als Späteinsteigerin in die ambulante Versorgung und in die Eutiner Praxis gekommen. Medizin hat sie in Moskau studiert, wo sie in Medizin und Immunologie promovierte. Anschließend ging sie in die Forschung und arbeitete in Berlin, Chicago und Cleveland.

Später kam sie ins schleswig-holsteinische Borstel. Dann fällte sie den Entschluss, beruflich noch einmal etwas ganz Neues zu beginnen und in die Versorgung zu gehen – wie ihr Lieblingsautor Anton Tschechow.

„Tschechow ist mein großes Vorbild, seit ich ihn als Kind erstmals gelesen habe“, sagt Bulanova. Der Arzt und Schriftsteller (u.a. „Die drei Schwestern“, „Die Möwe“, „Onkel Wanja“) ist der Medizin trotz des erfolgreichen Schreibens immer treu geblieben, hat u.a. Strafgefangene und Bauern in seiner Umgebung behandelt und seine ärztliche Tätigkeit überwiegend ehrenamtlich ausgeübt.

Das kann Bulanova nicht, sowohl als Forscherin wie auch jetzt als Ärztin in der allgemeinmedizinischen Versorgung bestreitet sie mit der Medizin ihren Lebensunterhalt.

Mit dem Kind kam die berufliche Neuorientierung

Den Entschluss, es beruflich noch einmal mit einer ganz neuen Herausforderung aufzunehmen, fasste Bulanova nach der Geburt ihres Kindes. Bei der Wahl des künftigen Fachgebietes half ihr Tschechow. Sie entschied sich für die Allgemeinmedizin wegen des breiten Spektrums, aber auch wegen der Vielzahl an Altersgruppen, die sie als Hausärztin behandeln kann. Die Familienmedizin spielt auch in Tschechows Leben und Werk eine bedeutende Rolle.

Bei der Suche nach möglichen Arbeitgebern für die Weiterbildung hatte sie mehrere Angebote. Am meisten überzeugte das St. Elisabeth-Krankenhaus in Eutin, auch weil ihr späterer Chef zu einem ungewöhnlichen Mittel griff – er telefonierte mit Bulanovas Mutter, die ebenfalls Ärztin ist. Offenbar mit Erfolg, Elena Bulanova folgte dem Rat ihrer Mutter und entschied sich für das Krankenhaus in Ostholstein.

Dort knüpfte sie über die Arbeit Kontakte zur Praxis, in der sie jetzt mit eigener Kassenarztzulassung zusammen mit drei Praxispartnern und mit zwei angestellten Ärztinnen arbeitet. Zuvor hatte sie in dieser Praxis auch Teile ihrer Weiterbildung absolviert. Inzwischen hat Bulanova neben ihrem Facharzttitel auch die Zusatzbezeichnung Geriatrie, in diesem Jahr sollen noch Palliativmedizin und Naturheilverfahren folgen.

Auch ärztliche Kollegen zählen zu ihren Patienten

Aufgrund ihrer Herkunft und Sprachkenntnisse kommen viele russischsprachige Patienten speziell zu ihr – auf rund zehn Prozent ihres Patientenstamms schätzt Bulanova den Anteil an Patienten aus ihrer früheren Heimat, darunter auch ärztliche Kollegen.

Ein großer Unterschied unseres Systems zum Gesundheitssystem in Russland: Dort wissen Ärzte nicht, ob und wie sich Patienten an ihre Verordnungen halten. Die Patienten bekommen zwar eine Liste mit Medikamentenempfehlungen – was sie davon in der Apotheke kaufen und tatsächlich einnehmen, erfahren die Ärzte nicht.

Ein anderer Unterschied sind die dort etablierten Polikliniken, die auch in der früheren DDR bekannt waren, aber nach dem Mauerfall in den östlichen Bundesländern nach und nach geschlossen wurden. Nach Bulanovas Einschätzung hätte das deutsche Gesundheitssystem von einem Erhalt der Polikliniken profitieren können.

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