Kein Weg zu Gott?

Not lehrt doch nicht beten

Ein Doktortitel war ihm nicht genug. In einer theologischen Disseration widerlegt ein Medizinprofessor eine weit verbreitete Vermutung: In körperlichen oder phychischen Krisen werden Menschen nicht häufig plötzlich religiös.

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Finden Menschen vor ihrem Tod häufig plötzlich zu Gott?

Finden Menschen vor ihrem Tod häufig plötzlich zu Gott?

© Tomasz Zajda / fotolia.com

MÜNSTER. Seine ärztliche und wissenschaftliche Kompetenz hat er längst unter Beweis gestellt. Jetzt hat Gereon Heuft, Medizinprofessor der Universität Münster und Direktor der Uniklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, einen zweiten Doktortitel erworben – in Theologie.

In seiner aktuellen Promotion ging der Arzt der Frage nach, ob Menschen durch körperliche oder psychische Not "religiöser" werden. Nein – werden sie nicht, so das Ergebnis der Untersuchung.

Der Forscher befragte rund 1300 Patienten und verglich die Antworten mit einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe. Das überraschende Ergebnis: Von den Patienten wird lediglich etwas häufiger bejaht, dass religiöse Fragen eine stärkere Rolle spielen mögen. Entgegen dem bekannten Sprichwort lehrt Not insofern weniger beten, denn "suchen".

Appell: Patienten individuell betrachten

"Religiöse Einstellungen können für unsere Patienten eine Ressource sein – genauso aber können sie aus der Lebensgeschichte heraus zum Problem werden. Umgekehrt sind auch manche nicht religiös gebundene Patienten an religiösen Fragen interessiert", erläutert Heuft. An die Mitarbeiter von Krankenhäusern appelliert er, den einzelnen Patienten unbedingt in seiner Individualität wahrzunehmen.

Und weiter: "Immer mehr Menschen erleben sich hinsichtlich ihres Selbstwertes ganz alleine auf sich zurückgeworfen. Dieser Druck zur Selbstoptimierung kann rasch zum Gefühl einer Unzulänglichkeit führen und die Lebenszufriedenheit massiv beeinträchtigen."

Für seine pastoraltheologische Studie erhielt der Mediziner, der auch Diplom-Theologe ist, von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster nun die Bestnote "summa cum laude".

Privat engagiert er sich seit vielen Jahren als Diakon der katholischen Kirche, trennt dieses Ehrenamt aber strikt von seiner ärztlichen Tätigkeit an der Uniklinik. (eb)

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