Sangeskunst über Quacksalber

Apotheker gehören seit Jahrhunderten zu den Gelehrten und Honoratioren in europäischen Städten. Kein Wunder also, dass sie als Personen auch immer wieder in Opern auftaucht - wenn auch meist in Nebenrollen.

Von Ursula Armstrong Veröffentlicht:
Schlosstheater Rheinsberg in Brandenburg.

Schlosstheater Rheinsberg in Brandenburg.

© Foto: Musikakademie Rheinsberg

und da kommen Apotheker oft nicht gut weg, genauso wenig übrigens wie Ärzte. So ist etwa der Apotheker Ned Keene in Benjamin Brittens dramatischer Oper "Peter Grimes" (1945 uraufgeführt) ein unangenehmer Quacksalber. Und Adam, der Apotheker in Krzysztof Pendereckis Oper "Die Teufel von Loudon" (1969 uraufgeführt), ist sogar ein hasserfüllter Intrigant.

Apotheker treten aber vor allem in den komischen Opern auf. Auch hier bekommen sie wie alle Gelehrten und Akademiker regelrecht ihr Fett weg. Sie werden als pompöse, geldgierige, selbstgerechte Wichtigtuer dargestellt. Die Figuren sind völlig überzeichnet, ja wahre Karikaturen, und dazu da, das Publikum zum Lachen zu bringen. Da mag dann Schadenfreude mitschwingen und gerade bei Apothekern vielleicht auch so etwas wie Prestigeneid. Oft werden in den Inszenierungen gerade diesen Partien lokale Züge gegeben.

Auch die Haupt-Apotheker-Opern gehören zu diesem Genre. Die wichtigsten Opern, in denen Pharmazeuten die Hauptpersonen sind, stammen aus dem 18. Jahrhundert. Sie werden heute nur selten aufgeführt, und es gibt wenige CD-Aufnahmen. Da ist zum einen die Opera buffa "Der Apotheker" von Joseph Haydn (1768 uraufgeführt), die sich um den Apotheker Sempronio dreht, einen verliebten alten Gockel, der von Pharmazie herzlich wenig versteht.

Komische Oper mit viel Ironie über Arzt und Apotheker

Und dann ist da die deutsche Spiel- oper "Doktor und Apotheker" von Karl Ditters von Dittersdorf (1739 bis 1799), ein Schmankerl der Opernliteratur und ein typisches Beispiel für das Genre "Apotheker-Oper". Die Uraufführung des Singspiels am 11. Juli 1786 in Wien war eine Sensation. Der Erfolg übertraf zeitweise sogar den von Mozarts wenige Wochen vorher uraufgeführter Oper "Die Hochzeit des Figaro". Dennoch ist diese Oper heute fast in Vergessenheit geraten. Im April steht sie jedoch auf dem Programm der "Festtage der Alten Musik" im Schlosstheater Rheinsberg in Brandenburg.

Der Inhalt ist typisch verwickelt für eine komische Oper: Apotheker Stößel ist ein schrulliger Kauz, eine schöne Partie für einen Bass Buffo, also denjenigen Sänger, der für die Komik zuständig ist. Er und der Arzt Doktor Krautmann sind Konkurrenten und spinnefeind ("Sie sind ein Scharlatan und Ignorant", werfen sie sich an in einem Duett an den Kopf). Der Apotheker will seine Tochter Leonore mit dem invaliden Hauptmann Sturmwald verheiraten, aber sie hat schon gewählt: ausgerechnet Gotthold, den Sohn des Arztes. Von Dittersdorf hat in seine erfolgreichste Oper viel Ironie gepackt. So schildert er mitunter recht drastisch die Eitelkeiten von Apothekern und Ärzten: "Galenus und Hypokrates sind gegen mich nur Stümper", heißt es etwa. Die Musik ist eingängig und volkstümlich, jedoch auch geprägt vom klassischen Wiener Stil mit liedhaften Arien, die leicht nachzuträllern sind. Besonders witzig: die "Schnarch- Arie" von Hauptmann Sturmwald. Für Freunde seltener Opern dürfte sich ein Ausflug nach Rheinsberg sicher lohnen.

Musik-Festtage

Die "Festtage der Alten Musik" finden während der Osterzeit auf Schloss Rheins- berg in Brandenburg statt. Aufführungen der Oper "Doktor und Apotheker" gibt es am 9., 11., 12., 18., 19., 25. und 26. April. Buchung bei Tourist- Information Rheinsberg, Tel.: 03 39 31 - 3 92 96, E-Mail: tourist-information@ rheinsberg.de

MUSIK-TIPP

Rare Aufnahmen von Apotheker-Opern

Wer keine Gelegenheit hat, sich die Aufführung einer Apotheker-Oper anzuschauen, muss ein wenig suchen, um eine gute Aufnahme zu finden, die er sich stattdessen zuhause anhören kann. Fündig wird man etwa bei Amazon. Hier gibt es eine Doppel-CD mit der Gesamtaufnahme der Oper "Doktor und Apotheker" von Dittersdorf (Dauer 155 Minuten, Sänger: Harald Stamm). Außerdem wird eine CD der Oper "Der Apotheker - Lo Speziale" von Haydn angeboten (67 Minuten, gesungen in der Originalsprache Italienisch).

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