Vor Abstimmung im Bundestag

Suizidbeihilfe: Kirchen senden unterschiedliche Signale

Die evangelische Kirche hält einen Rechtsrahmen für sinnvoll, der in Grenzsituationen den assistierten Suizid ermöglicht. Die katholische Kirche lehnt es ab, dass der künstlich herbeigeführte Tod zu einer ärztlichen Dienstleistung wird.

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Zwei Gesetzentwürfe liegen dem Bundestag vor: Ein liberaler ist stärker darauf angelegt, Suizid zu ermöglichen. Der andere stellt den Schutz vor Missbrauch in den Vordergrund.

Zwei Gesetzentwürfe liegen dem Bundestag vor: Ein liberaler ist stärker darauf angelegt, Suizid zu ermöglichen. Der andere stellt den Schutz vor Missbrauch in den Vordergrund.

© nmann77 / stock.adobe.com

Hannover/Berlin. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) plädiert für einen rechtlichen Rahmen, um Suizidbeihilfe in Härtefällen zu ermöglichen.

Zwar dürfe es nicht zu einer gesellschaftlichen Normalität werden, sich selbst zu töten oder anderen dabei zu helfen, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung der EKD. Wenn allerdings in einer Grenzsituation die Entscheidung für einen assistierten Suizid getroffen sei, müsse dies im Rahmen des Rechts ermöglicht werden.

Rechtlichen Regulierungen seien auf das Ziel auszurichten, „die Freiheit und Verantwortung des Individuums zu stärken und zu schützen“, so die Erklärung weiter. „Dazu gehört, dass jedes Einwirken auf die Entscheidung eines Menschen, das ihn zu einem Suizid drängt, und ein entsprechendes gesellschaftliches Klima verhindert bzw. vermieden werden müssen.“

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Keine Verpflichtung zur Suizidbeihilfe

Gleichzeitig könnten rechtliche Regelungen die Vielschichtigkeit der Gründe für einen Suizid nicht vollständig erfassen. „Es ist deshalb darauf zu achten, dass sie Spielraum lassen – gerade aus Achtung vor dem einzelnen Leben –, dem jeweiligen Menschen in seiner individuellen Situation gerecht zu werden.“ Gefahrenträchtigen Formen der Suizidbeihilfe gelte es aber, rechtlich entgegenzuwirken.

Gleichzeitig betont die EKD, dass weder Personen noch Institutionen zur Suizidbeihilfe verpflichtet werden dürften. Zuallererst brauche es Verbesserungen bei der Suizidprävention und der palliativen Begleitung von schwer kranken Menschen und Sterbenden, etwa durch mehr finanzielle Förderung sowie eine entsprechende Stärkung der Ausbildung in den medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Berufen.

Zur Suizidbeihilfe liegen dem Bundestag aktuell zwei Gesetzentwürfe vor, die voraussichtlich kommenden Donnerstag debattiert werden sollen. Ein liberaler ist stärker darauf angelegt, Suizid zu ermöglichen. Der andere stellt den Schutz vor Missbrauch in den Vordergrund. Ferner gibt es Anträge zum Ausbau der Suizidprävention.

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Erzbischof ruft zum Gebet für die Abgeordneten auf

Für die katholische Kirche hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, Ende Mai erklärt: „Die katholische Kirche lehnt alle Formen der aktiven Sterbehilfe und der Beihilfe zur Selbsttötung ab.“ Die Gesellschaft dürfe nicht zulassen, dass der künstlich herbeigeführte Tod in der Endphase eines Lebens zu einer ärztlichen Dienstleistung werde.

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat am Donnerstag zum Gebet für die Abgeordneten aufgerufen. „Möge der Deutsche Bundestag zu klugen Entscheidungen gelangen, die dem unbedingten Wert des menschlichen Lebens gerecht werden“, sagte Koch in einem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag für den RBB-Hörfunk.

Die Kirche sehe den Schutz des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende als eine ihrer wichtigsten Aufgaben „auch in Widrigkeiten und Konfliktlagen“, erklärte der Erzbischof des Erzbistums Berlin. Zum Beleg verwies er auf die Telefonseelsorge sowie kirchliche Hospize und Palliativstationen.

Mit Blick auf Menschen, die sich zu einer Selbsttötung entschieden haben, betonte Koch: „Wir verurteilen keinen Menschen, der seine Not nicht mehr aushalten kann oder sich anderen Menschen aufgrund seines Leidens nicht mehr zumuten möchte.“ (KNA)

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