Zukunftsbranche Gesundheit

Ärztemangel ist nur der Anfang!

Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen nimmt zu - in Schweden reißt er bereits erhebliche Lücken in die Versorgung. Dort werden jetzt ältere Ärzte reaktiviert.

Von Uwe K. Preusker Veröffentlicht:

Der wachsende Fachkräftemangel wird immer mehr zu einem zentralen Thema für die Zukunftsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems.

Dass Deutschland gegenwärtig aber wohl erst am Beginn dieser Entwicklung steht, zeigt der Blick über die Grenzen: Schweden kämpft mit erheblichen Lücken in der Versorgung mit Fachärzten und Fach-Pflegekräften.

Die neueste Statistik des schwedischen Amtes für das Gesundheits- und Sozialwesen zur Versorgung des Gesundheitssystems mit Fachkräften gibt einmal mehr Anlass zur Sorge: Vor allem bei Fachärzten und Fach-Krankenpflegekräften öffnet sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage bereits heute immer weiter.

Insbesondere die Allgemeinmedizin ist davon betroffen. Die zweite Mangel-Spezialität ist die Psychiatrie. Einer aktuellen Hochrechnung zufolge wird in der Allgemeinmedizin bis 2025 in Schweden knapp ein Drittel der benötigten Spezialisten fehlen.

Deutliche Parallelen zur Situation in Deutschland

Ähnlich sieht die Situation bereits heute unter den Fach-Krankenpflegekräften aus: Vor allem in der Psychiatrie und bei spezialisierten OP-, Anästhesie- und Intensiv-Pflegekräften existiert ein erheblicher Mangel.

Und: Sowohl in Medizin als auch Pflege lassen sich deutliche Parallelen zur Situation in Deutschland erkennen.

Die Gegenmaßnahmen, die die Schweden ergreifen, sind neben der Erhöhung der Anzahl der Studienplätze sowohl für Ärzte als auch für Krankenpflegekräfte vor allem zwei: die Rekrutierung ausländischer Ärzte und Pfleger, sowie - vor allem bei Ärzten - neuerdings die Reaktivierung bereits pensionierter Kräfte.

So hat sich der Anteil der aus dem Ausland kommenden berufstätigen Ärztinnen und Ärzte zwischen 1995 und 2011 von rund 11,5 Prozent auf nunmehr 23 Prozent verdoppelt.

Und seit 2003 übersteigt die Anzahl der jährlich erteilten Genehmigungen zur Ausübung des Arztberufes an Ausländer in Schweden die Anzahl der neu examinierten schwedischen Ärzte deutlich.

Von den heute in Schweden berufstätigen rund 8400 ausländischen Ärztinnen und Ärzten kommen gut 1000 aus Deutschland.

Auch in der Zukunft, da sind sich Experten aus dem schwedischen Amt für das Gesundheits- und Sozialwesen sicher, werde man nicht ohne Zuzug von ausländischen Ärzten auskommen - die Anwerbung konzentriert sich wie bisher auf Deutschland, Polen und Dänemark.

Der Mangel an Fachkräften wird deutlich steigen

Eine völlig neue Erscheinung im schwedischen Gesundheitssystem ist dagegen die Reaktivierung bereits pensionierter Ärztinnen und Ärzte: Hier zeigt die jüngste Statistik, dass mittlerweile rund neun Prozent aller berufstätigen Ärzte älter als 65 Jahre sind - 1995 betrug dieser Anteil erst ganze zwei Prozent.

Bei Krankenschwestern und Hebammen ist dieser Trend zwar auch zu beobachten, aber doch erheblich abgeschwächt: Hier sind aktuell rund drei Prozent der Berufstätigen älter als 65 Jahre (1995: ein Prozent).

In der Fachkrankenpflege dagegen macht der Anteil der berufstätigen Pflegekräfte dieses Alters auch schon sechs Prozent aus, während er 1995 erst einProzent betrug.

Was kann daraus für die Situation und Entwicklung in Deutschland geschlossen werden? Wir müssen davon ausgehen, dass - ähnlich wie in Schweden - auch in Deutschland der Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen noch deutlich stärker werden wird als heute.

Das bedeutet außerdem, dass wir es uns auf Dauer nicht erlauben können, auch nur auf eine einzige Möglichkeit der Rekrutierung von Fachpersonal zu verzichten. Und: Die größten Reserven liegen im Alter und im Ausland.

Die Statistik zeigt dies deutlich: In Deutschland waren Ende 2011 erst 5,34 Prozent aller berufstätigen Mediziner ausländischer Herkunft - bis die momentane schwedische Quote von 23 Prozent erreicht ist, besteht ist also noch ziemlich viel Spielraum.

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