KOMMENTAR
Bedarfsanalyse darf nicht folgenlos bleiben
Jeder sechste Arzt im Norden trägt sich mit dem Gedanken, seine Praxis aufzugeben. Schon jetzt gibt es freie Praxissitze, während eine hohe Arztdichte in den Ballungsräumen für ein rechnerisches Überangebot sorgt.
Das liefert Kassen und Politikern Argumente, den drohenden Ärztemangel zu verharmlosen. Mit der von der KBV entwickelten und im Norden eingesetzten kleinteiligen Bedarfsanalyse lässt sich nicht nur aufzeigen, wo die Versorgung schon heute verstärkt werden müsste. Sie liefert auch wertvolle Hinweise über die demografische Entwicklung, den künftigen Behandlungsbedarf und damit über das notwendige medizinische Angebot. Ihr Einsatz ist also richtig, die Probleme aber kann auch dieses Instrument allein nicht lösen.
Es hilft wenig, einem niederlassungswilligen Arzt den Konkurrenzdruck in der Metropole und die höheren Patientenzahlen auf dem Land vorzurechnen, wenn dort die übrigen Bedingungen nicht stimmen. Erst in einem Maßnahmenbündel macht die kleinteilige Bedarfsanalyse Sinn. Daran arbeiten einige KVen etwa durch eine geringere Arbeitsbelastung im Notdienst bereits.
Auf andere Defizite wie etwa die ausgedünnte Infrastruktur auf dem Land können die KVen hinweisen, sie aber nicht ändern. Kinderbetreuung und Einkaufsmöglichkeiten spielen bei der Standortwahl eine wichtige Rolle. Wo sich andere Angebote aus der Fläche zurückziehen, macht auch die Bedarfsanalyse die Ansiedlung nicht attraktiver.