Bundesrat springt der Industrie bei

BERLIN (cw). In seinen umfangreichen Empfehlungen zur 16. AMG-Novelle hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates auch Themen angeschnitten, die der Pharmaindustrie auf den Nägeln brennen: Unter anderem soll das Stimmrecht der Branche im Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht erhalten bleiben.

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Der Kabinettsentwurf zu einem "Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" sieht vor, dass die drei Vertreter der pharmazeutischen Industrie im Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim BfArM künftig nur noch beratende Funktion ohne Stimmrecht haben - ebenso wie die übrigen Vertreter der Praxis, beispielsweise Pädiater, Allgemeinmediziner und Internisten.

Bei den Pharmaverbänden ist dieses Vorhaben auf scharfe Kritik gestoßen. Ursprünglich hatte die Regierungskoalition sogar geplant, die Industrie ganz aus dem Fachausschuss zu verbannen.

Als Begründung wurde angeführt, Entscheidungen des Gremiums sollten aus rein wissenschaftlicher Perspektive gefällt und nicht auch von ökonomischen Interessen motiviert werden.

Die Gesundheitspolitiker im Bundesrat schlagen stattdessen vor, dass die Vertreter der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft - derzeit besetzen sie fünf der insgesamt 15 Sitze im Ausschuss - ein doppeltes Stimmrecht erhalten.

Wörtlich heißt es dazu: "Durch formale Verdopplung der Stimmrechte der Hochschullehrer wird eine Stimmrechtsgleichheit auf Seiten der Praxis und der Lehre herbeigeführt und sichergestellt, dass die besseren Argumente und nicht das Stimmverhältnis für das Votum ausschlaggebend sind. Zugleich wird der Einfluss der Pharmaindustrie erheblich reduziert (bisher drei von 15 Stimmen, neu drei von 20 Stimmen)".

Zweiter Anlauf für Behörden-Beteiligung

Auch Eingriffe in die frühe Nutzenbewertung (§ 35a SGB V), für die sich die Politiker der Länderkammer schon während des Gesetzgebungsverfahrens zum Versorgungsstrukturgesetz ausgesprochen hatten, werden jetzt erneut vorgebracht.

So soll im SGB V verankert werden, dass die Beratung des pharmazeutischen Unternehmers durch den GBA zur zweckmäßigen Vergleichstherapie schon vor Beginn der zulassungsrelevanten Phase-III-Studien stattfinden kann.

Außerdem soll die Teilnahme der Oberbehörden BfArM und Paul-Ehrlich-Institut an dieser Beratung verbindlich werden. Bisher sieht das Gesetz dies nur als eine Option vor. Seitens der Industrie erhofft man sich von der regelmäßigen Beteiligung der Zulassungsbehörden mehr Vergleichsspielraum für Innovationen.

Karenzzeit für Rabattverträge

Ohne eigenen gesetzlichen Textvorschlag, lediglich als allgemeine Stellungnahme formuliert, greifen die Gesundheitspolitiker des Bundesrates auch den lang gehegten Wunsch der Generikaindustrie nach einer Karenzzeit für Rabattverträge auf.

"Es soll pharmazeutischen Unternehmen nicht mehr möglich sein, im Zeitraum von zwei Jahren nach Ablauf des Patentschutzes eines Wirkstoffs einen Rabattvertrag mit einer Krankenkasse abzuschließen oder während des Patentschutzes einen Rabattvertrag abzuschließen, der über den Patentzeitraum hinausgeht".

Kürzlich hatten Gesundheitspoltiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einem inoffiziellen Positionspapier die gleiche Forderung erhoben.

Die Vorschläge des Gesundheitsausschusses müssen auf der Bundesratssitzung am 30 März noch vom Plenum verabschiedet werden. Danach muss die Bundesregierung zu den Einwänden der Länderkammer Stellung nehmen.

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