Gesetzgebung
Kabinett verabschiedet Apothekenreform – Apotheken kündigen Widerstand an
Lauterbachs Entwurf einer Apothekenreform trieb die freiberuflichen Pharmazeuten auf die Barrikaden. Warkens finale Fassung lässt sie dort ausharren.
Veröffentlicht:Berlin. Die Apothekenreform hat am Mittwoch eine wichtige Etappe genommen: Das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung“ (ApoVWG) wurde vom Kabinett verabschiedet. Erklärtes Ziel des bei Apothekern und Ärzten gleichermaßen unbeliebten Paragrafenpakets ist – O-Ton BMG – die „Stärkung des flächendeckenden Netzes von Vor-Ort-Apotheken“.
Unter anderem sollen Landapotheken für Notdienste besser honoriert oder eine zeitweise Vertretung der Apothekenleitung durch erfahrene pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) erprobt werden. Starre Vorgaben zu Öffnungszeiten werden gelockert.
Zudem ist eine Ausweitung des pharmazeutischen Dienstleistungsportfolios vorgesehen. So soll in den Offizinen künftig nicht mehr nur gegen COVID und Grippe sondern mit sämtlichen Totimpfstoffen geimpft werden dürfen. Auch Schnelltests auf diverse Erreger (z.B. Adeno-, Influenza-, Noro-, RS- und Rotaviren) sowie Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und tabakassoziierten Erkrankungen sollen die Offizinbetreiber anbieten können.
Nicht vom Tisch: Rx-Abgabe ohne Rezept
Parallel zur Gesetzgebung sind auf dem Verordnungsweg weitere Schritte zur Erleichterung des Apothekenbetriebs geplant. Hier ist unter anderem auch vorgesehen, dass Apothekerverband und GKV-Spitzenverband künftig alljährlich das Abgabehonorar orientiert an der Kostenentwicklung aushandeln und dann als „Vergütungsvorschlag“ dem BMG unterbreiten.
Ärzteverbände stören sich insbesondere an der geplanten Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Apotheker ohne Vorlage eines ärztlichen Rezepts. Daran hatte am Vorabend des Kabinettsbeschluss ein breites Branchenbündnis noch einmal Kritik laut werden lassen („jetzt die Notbremse ziehen“).
Demnach sollen Apotheker verschreibungspflichtige Medikamente „zur Anschlussversorgung an einen Verbraucher einmalig in der kleinsten vorrätigen Packungsgröße abgegeben“ dürfen, wenn ihm dasselbe nachweislich „bereits über mindestens drei Quartale hinweg verschrieben wurde und die Fortführung der Anwendung keinen Aufschub erlaubt“.
Darüber hinaus sollen die Apotheker eigenmächtig Rx-Produkte zur Behandlung „akuter, unkomplizierter Formen von definierten Erkrankungen“ abgeben dürfen. Vorgaben zu entsprechenden Krankheitsbildern und Wirkstoffen will das BMG „auf Empfehlung des BfArM unter Einbindung der Arzneimittelkommissionen der Ärzte und der Apotheker“ später erlassen.
Hoffen auf Strucksches Gesetz
Nach Ansicht der Ärzteverbände werden damit jedoch keineswegs Praxen von Routineaufgaben befreit. „Sie werden konsekutiv zusätzliche Arztkontakte nach sich ziehen“, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. Das BMG riskiere „sehenden Auges die Patientensicherheit – etwa, wenn Apothekerinnen und Apotheker am Tresen ohne ärztlichen Befund Antibiotika ausgeben oder anlasslose Tests durchführen“ sollen.
Dabei sind die freiberuflichen Pharmazeuten keineswegs begierig darauf. Der Branchendachverband ABDA kündigte am Mittwoch nicht weniger als „Widerstand“ gegen die Reform an. Kompetenzerweiterungen werden zwar en passant „begrüßt“. Doch Enttäuschung über die im Koalitionsvertrag noch versprochene, nun aber ausgebliebene breite Honorarerhöhung überwiegt. „Wir brauchen dringend eine wirtschaftliche Stärkung der Apotheken“, insistiert ABDA-Präsident Thomas Preis.
Auch die Inhabervertretung durch PTA wird abgelehnt. „Apothekerinnen und Apotheker müssen zu jeder Zeit anwesend sein, denn ohne sie können viele Leistungen gar nicht erbracht werden“, so der Verbandschef weiter, dessen Hoffnungen nun auf dem Struckschen Gesetz ruhen, wonach „kein Gesetz aus dem Parlament so herauskommt, wie es hineinkommt“. Preis: „Wir werden die kommenden Monate nutzen, um mit den Bundestagsabgeordneten ins Gespräch zu kommen.“ (cw)




