Informierte Patienten

Der Hausarzt soll es richten

Die Medizin spezialisiert sich zunehmend. Und die Informationsasymmetrie zwischen Arzt und Patient wächst. Experten sehen deswegen eine neue Rolle für Hausärzte - und fordern eine Stärkung der sprechenden Medizin.

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Patient beim Doktor: Sprechen ist Gold.

Patient beim Doktor: Sprechen ist Gold.

© Getty Images/iStockphoto

NÜRNBERG. Das Rollenverständnis der Patienten hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Heute wollen viele Patienten eine partnerschaftliche Entscheidungsfindung zusammen mit dem Arzt, so der Wirtschaftswissenschaftler Professor Günther Braun von der Bundeswehrhochschule Neubiberg. Doch halten diese Erwartungen der Realität auch stand?

Im wirklichen Leben seien weder der Patient noch der Arzt immer rational agierende Kooperationspartner, erinnerte Braun bei einer Fachtagung der DAK-Gesundheit in Nürnberg über "Patientenorientierung im Gesundheitswesen".

Trotz der durch das Internet beförderten Informationsflut gebe es nach wie vor eine Informations- und Kommunikationsasymmetrie, die die Umsetzung des Leitbildes vom mündigen Patienten behindert.

Die Vorstellung, Patienten in Gesundheitsfragen kompetenter zu machen, stoße ungeachtet vieler Vorschläge und Konzepte an Grenzen, so Braun.

Die Patienten sollten nach Ansicht von Dr. Max Kaplan, dem Präsidenten der Bayerischen Landesärztekammer, mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheit übernehmen. "Die Vollkaskomentalität ist nicht mehr zeitgemäß", so Kaplan.

Die Einbindung des Patienten in die Behandlung setze allerdings eine Stärkung der sprechenden Medizin voraus. Nur so könne die Informations- und Kommunikationsasymmetrie zwischen Arzt und Patienten wenigstens teilweise aufgelöst werden.

Ganzheitliche Versorgung benötigt

Angesichts einer weiter zunehmenden Spezialisierung der Medizin komme dem Hausarzt, der seine Patienten oftmals über eine lange Zeit betreut, daher eine wichtige Rolle zu, betonte Kaplan.

80 Prozent der Versicherten nehmen Leistungen im Gesundheitssystem nur episodenhaft in Anspruch, erinnerte der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit Professor Herbert Rebscher.

Von denen könne man nicht erwarten, dass sie sich laufend mit ihrer Gesundheit und mit allen möglichen Versorgungsangeboten des Gesundheitswesens beschäftigen.

Und auch für die 20 Prozent der Versicherten, die das Gesundheitssystem intensiv in Anspruch nehmen, seien innovative Versorgungskonzepte nur dann interessant, wenn sie zur eigenen Situation passen.

Um so wichtiger sei es deshalb, die Versorgung so zu gestalten, dass die Versicherten im Fall einer Erkrankung immer gut versorgt werden können, erklärte Rebscher.

Angesichts der demografischen Entwicklung werde deshalb eine ganzheitliche und weniger eine immer weiter spezialisierte Versorgung benötigt. Dass die Politik für diese Herausforderungen bereits Antworten habe, sei nicht zu erkennen, sagte Rebscher. (sto)

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