Übertragung von MERS-Coronaviren

Dromedare unter Verdacht

Als Zwischenwirte der MERS-Coronaviren kommen nach Fledermäusen nun auch Dromedare in Betracht. Forscher haben im Blut Antikörper gefunden.

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Da schau her: Dromedare gelten als mögliche Übertragungsquelle des MERS-Virus.

Da schau her: Dromedare gelten als mögliche Übertragungsquelle des MERS-Virus.

© Andreas Wolf / fotolia.com

BONN. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Uniklinikums Bonn hat in Dromedaren Antikörper gegen das MERS-Coronavirus gefunden.

Der Erreger ist mit dem SARS-Virus verwandt und kann beim Menschen lebensgefährliche Atemwegsinfektionen hervorrufen.

Im Mittleren Osten sind bislang 46 Menschen an der Erkrankung gestorben. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch- findet nur selten statt. Andere Infektionsquellen wurden bisher aber nicht gefunden.

Die neuen Erkenntnisse zeigen nun, dass möglicherweise Dromedare an der Virusübertragung beteiligt sind (The Lancet Infectious Diseases 2013; online 9. August).

Das MERS-Coronavirus wurde erstmals 2012 in Patienten mit einer schweren Atemwegsinfektion identifiziert. MERS steht für "Middle East Respiratory Syndrom", da alle bisherigen Fälle einen Bezug zum Mittleren Osten hatten.

Bislang wurden der WHO 91 Erkrankungen gemeldet, 46 davon mit tödlichem Ausgang. Die Dunkelziffer ist aber vermutlich höher: Experten gehen davon aus, dass es eine Vielzahl unentdeckter Fälle gibt und mehr als 1000 Menschen betroffen sein könnten.

50 Proben von Dromedaren aus dem Oman getestet

Über die Ansteckungswege herrscht noch Unklarheit. Die neue Studie deutet nun jedoch auf Dromedare als mögliche Übertragungsquelle hin: Die Virologen haben insgesamt 50 Proben dieser Tiere aus verschiedenen Herkunftsgebieten im Oman getestet, berichtet das Uniklinikum Bonn in einer Mitteilung.

Das Sultanat gilt als MERS-Risikogebiet, auch wenn hier bislang noch keine menschlichen Infektionen nachgewiesen wurden.

Bei ihren Analysen hätten die Wissenschaftler im Blut sämtlicher Tiere Antikörper gegen das MERS-Virus gefunden. Die hohen Antikörperkonzentrationen sprächen zudem für eine relativ frische Ansteckung. Die Forscher konnten das Virus selbst nicht nachweisen.

"Für unsere Tests standen größtenteils nur Blutproben zur Verfügung", bedauert Dr. Marcel Müller vom Institut für Virologie der Universität Bonn. "Coronaviren befinden sich jedoch vor allem in Atemwegssekreten und im Kot."

Die Forscher untersuchten auch 105 Dromedarproben von den Kanarischen Inseln. In 15 Fällen konnten sie dabei ebenfalls MERS-Antikörper nachweisen, allerdings in weit geringeren Konzentrationen.

In 160 Blutproben von Rindern, Schafen und Ziegen aus den Niederlanden, Spanien und Chile wurden sie dagegen nicht fündig.

Auch andere Nutztiere als Übertragungsquelle vermutet

MERS-infizierte Dromedare könnten durch ihren engen Kontakt zum Menschen zumindest für einen Teil der menschlichen Erkrankungen verantwortlich sein. Es kommen aber weiterhin auch Ziegen und andere Nutztiere als Übertragungsquelle in Betracht.

"In nächster Zeit sollten dringend umfangreiche Untersuchungen an Nutztieren aus der Region stattfinden. Um weitere mögliche Infektionsquellen zu finden, benötigen wir unbedingt mehr Proben", wird Müller in der Mitteilung der Uni Bonn zitiert. Nur so sei es möglich, den genauen Übertragungsweg des Virus zu klären.

Als eigentliches Virenreservoir vermuten die Wissenschaftler derzeit Fledermäuse. Die Dromedare seien mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein Zwischenwirt.

Bisherige Erbgutanalysen sprechen dafür, dass der MERS-Erreger nahe mit zahlreichen anderen Fledermausviren verwandt ist. Dass sich Menschen direkt bei Fledermäusen anstecken, hält Müller aber für unwahrscheinlich, da direkte Kontakte eher selten sind.

Relativ klein ist momentan auch das Risiko einer Übertragung von Mensch zu Mensch. Die WHO schätzt den so genannten R0-Wert auf 1 oder geringer, das heißt ein Patient steckt im Schnitt maximal eine weitere Person an.

Ein Schneeballeffekt mit einer explosionsartigen Zunahme von Krankheitsfällen kann so nicht entstehen. Das könnte sich allerdings ändern, wenn der Erreger mutiert. (eb)

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