Ethik darf keine Restgröße bei Evaluationen sein

Ethikrats-Mitglied Eckhard Nagel: Kosten medizinischer Leistungen sind nur ein Bewertungskriterium.

Veröffentlicht:

MÜNCHEN (sto). Gegen eine rein ökonomische Betrachtung medizinischer Leistungen hat sich Professor Eckhard Nagel, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Essen und Mitglied des Deutschen Ethikrates ausgesprochen.

Gesundheitspolitische Evaluationen sollten immer auch unter ethischen Gesichtspunkten betrachtet werden, sagte Nagel beim Jahresempfang des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises (GPA) der CSU.

Fortschritt positiv oder mit Vorsicht zu genießen?

Das ändere aber nichts an der Tatsache, "dass jeder falsch ausgegebene Euro auch unter ethischen Gesichtspunkten ein verschwendeter Euro ist", der für notwendige Leistungen nicht mehr zur Verfügung stehe.

Auch bei der Beurteilung des medizinischen Fortschritts spiele die Ethik eine Rolle. Vor allem dann, wenn der medizinische Fortschritt mit Grenzverschiebungen verbunden ist, werde häufig die Frage gestellt, ob der Fortschritt überhaupt etwas Positives ist oder ob er nicht besser mit Vorsicht zu genießen sei.

Erkenntnisgewinn dürfe nicht begrenzt werden

"Wir sollten uns keine Forscher wünschen, die sich Grenzen setzen", sagte Nagel. Der Erkenntnisgewinn sei Bestandteil der menschlichen Existenz und dürfe nicht begrenzt werden.

Eine andere Frage sei jedoch, wie wir mit den gewonnenen Erkenntnissen umgehen. "Hier spielen Wertorientierungen eine Rolle. Wir sollten aber nicht aufhören, zu forschen", sagte Nagel.

Fragwürdige Argumente bei Impfung gegen Zervixkarzinom

Zunehmend häufiger werde der medizinische Fortschritt auch mit Kostensteigerungen verbunden. Das sei eine Konsequenz der Ökonomisierung unserer Lebenswelten, die in sich schon problematisch sei, weil damit unter Umständen eine Abwägung über den Wert einer Behandlung und des menschlichen Lebens verbunden ist, erklärte Nagel.

Ein Beispiel sei die Impfung gegen das Zervixkarzinom, die unter ethischen Gesichtspunkten mit oft fragwürdigen Argumenten diskutiert worden sei. Eine Voranstellung von ökonomischen Entscheidungen könne zu fragwürdigen Ergebnissen führen, so Nagel.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Medizinischer Stand der Dinge

Neue Herausgeber der Nationalen Versorgungsleitlinien melden Vollzug

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Elektronische Patientenakte

So steht es um die ePA in den Krankenhäusern

Vier Erreger im Blick

Kampf gegen Antibiotikaresistenzen: Werden die Ziele erreicht?

Sterbehilfe bei neurologischen Erkrankungen oft gefragt

Assistierter Suizid in Deutschland: Rechtliche Situation und offene Fragen

Lesetipps
In der Grippe-Saison 2025/2026 in Europa wird die Influenza-Variante, A(H3N2) der Subklade K wahrscheinlich eine dominierende Rolle spielen.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Influenza A(H3N2) Subklade K

Grippe-Saison in diesem Jahr früher – ECDC rät zu Impfung

Eine Frau sitzt vor dem PC und schneuzt in ein Taschentuch.

© StockPhotoPro / stock.adobe.com

Überforderung und Erschöpfung

Krank zur Arbeit – das erhöht das Fatigue-Risiko