Gesundheitsrisiken gleichen sich an

Die Angleichung der Wohlstandsniveaus in Ost und West hat auch Gesundheitsrisiken nivelliert. Allerdings: der ältere Teil der Bürger in den neuen Ländern hat noch eindeutig höhere Morbiditätsrisiken, etwa Adipositas.

Von Thomas Trappe Veröffentlicht:

Geht es um gesundheitliche Risikofaktoren, steuern 20 Jahre nach der Einheit Ost- und Westdeutschland auf eine Angleichung zu. Erhöhter Tabakkonsum, Adipositas und Unsportlichkeit sind in den neuen Bundesländern zwar immer noch häufiger als in den alten, allerdings sinken die gesundheitlichen Risikofaktoren langsam auf das niedrigere Niveau des Westens.

Dr. Thomas Lampert, stellvertretender Leiter der Gesundheitsberichterstattung am Robert-Koch-Institut, nutzte Daten aus den Jahren 1990 bis 2009, um die Entwicklungen nachzuzeichnen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass im Osten aufgrund eines niedrigeren Einkommens und höheren Armutsrisikos auch extremes Übergewicht und Unsportlichkeit häufiger sind - der Tabakkonsum hingegen werde nicht vom sozioökonomischen Status beeinflusst.

Kurz nach der Einheit lag die Raucherquote bei ostdeutschen Männern mit 41 Prozent zwei Prozentpunkte über jener der westdeutschen - dieser Unterschied ist bis heute geblieben, bei leicht rückläufiger Gesamttendenz in ganz Deutschland. Wechselhafter ist die Entwicklung bei den Frauen. 1990 rauchten 21 Prozent der ostdeutschen, hingegen 28 Prozent der westdeutschen Frauen. Inzwischen hat sich die Gesamtquote auf das damalige Westniveau angeglichen.

Rauchen gilt landläufig als eine Folge von Armut. Im Osten fanden die Autoren diesen Zusammenhang allerdings nicht. Männer und Frauen rauchen unabhängig von ihrem Einkommen.

In den alten Bundesländern hingegen zeigte sich ein klarer Zusammenhang. Bei Männern war das Risiko zu rauchen um den Faktor 1,8 erhöht, wenn sie weniger Geld haben, bei Frauen um das Zweifache.

Rauchen erhöht das Risiko von Herzinfarkten, Schlaganfällen und bösartige Neubildungen in Lunge, Kehlkopf und der Verdauungsorgane, zum Beispiel. Kosten von bis zu 21 Milliarden Euro, schätzen Experten, entstehen jährlich durch Tabakkonsum.

Sportliche Aktivität - Niveaus gleichen sich an

Unsportlichkeit provoziert nicht nur körperliche Erkrankungen. Auch Depressionen und Angststörungen können Folgen sein. Im Osten machten fast die Hälfte der Männer zur Zeit der Einheit nicht regelmäßig Sport, im Westen waren es zehn Prozentpunkte weniger. Bei Frauen traf dies auf 57 Prozent in den neuen und 49 Prozent in den alten Ländern zu. Inzwischen stieg die Sportlichkeit im ganzen Land und bei beiden Geschlechtern, und nähert sich einem einheitlichen Niveau.

Vor allem ältere Frauen leiden unter Adipositas

Dass der Osten immer noch weniger sportlich ist, führen die Autoren der Studie auch darauf zurück, dass es in der DDR eine Fokussierung hin zum Hochleistungssport, weg vom Breitensport gegeben habe. Außerdem müsse auch berücksichtigt werden, dass Sport meist Geld koste und das Einkommen im Osten geringer ist.

Dass bei einer tendenziell unsportlicheren Bevölkerung die Neigung zur Adipositas in den neuen Ländern stärker ist, überrascht wenig. Die Adipositasrate ist sowohl im Westen als auch im Osten seit der Einheit konstant angestiegen, sie ist im Osten höher als im Westen, nämlich bei beiden Geschlechtern zwischen 20 und 25 Prozent. Frauen sind demnach in Ost und West um bis zu fünf Prozentpunkte häufiger adipös als Männer.

"Eine altersdifferenzierte Betrachtung zeigt", so die Studien-Autoren, "dass die Verbreitung der Adipositas insbesondere in der Altersgruppe der über 65-Jährigen zugenommen hat". In den jüngeren Generationen sei der Anstieg deutlich geringer.

Nur geringfügige Unterschiede gibt es bei den Kindern: Mädchen im Osten sind zu sechs Prozent, im Westen zu Prozent adipös. Bei den Jungen sind es sieben zu sechs Prozent.

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