Hausärzteverband will seine Verträge für Kassen aufpolieren
Der Hausärzteverband übt sich in Widerstand und Pragmatik zugleich. Den Kampf gegen die Reform gibt er nicht auf.
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Eberhard Mehl: Kassen schwimmen im Geld.
© Dt. Hausärzteverband
BAD ORB (ras). Mit einer Doppelstrategie will der Deutsche Hausärzteverband versuchen, Selektivverträge nach bisherigen Standards noch zu retten. Für dieses Konzept, das Hauptgeschäftsführer Eberhard Mehl bei der practica in Bad Orb vorgestellt hat, erhielt der Verband von den 1400 Teilnehmern Rückendeckung.
So kündigte Mehl an, die eigenen Hausarztverträge transparenter zu gestalten und so zu vereinfachen, dass die Umsetzungskosten sinken. Damit sollen die Verträge auf Dauer für die Krankenkassen attraktiv bleiben.
Kosten könnten zum Beispiel im IT-Bereich (elektronische Erfassung und Abrechnung) sowie durch stringentere Fortbildungsstrukturen gesenkt werden. Der "phantastische" Hausarztvertrag mit der AOK Baden-Württemberg sei ein Beispiel dafür, dass Selektivverträge funktionierten und Kassen, Ärzte und Patienten davon profitierten. Mehl: "So ein erfolgreiches Modell gibt man nicht so einfach auf."
Da die Bundesregierung im Paragraf 73b SGB V die Ausgestaltung der Selektivverträge schwächen wolle, werde der Hausärzteverband den am 26. Januar 2011 vom Bayerischen Hausärzteverband in Nürnberg angepeilten "Systemumstieg" der bayerischen Hausärzte voll mittragen. Dies sei die letzte Chance, Regierung und Kassen zur Kurskorrektur zu zwingen, sagte Mehl.
Die geplante Gesetzesänderung ist aus Sicht des Hausärzteverbandes auch aus finanzieller Sicht nicht zu rechtfertigen. Denn die "Kassen schwimmen im Geld", sagte Mehl der "Ärzte Zeitung".
Außer den elf Milliarden Euro, die 2011 unter anderem durch einen erhöhten Beitragssatz zusätzlich ins GKV-System gespült würden, kämen die unerwarteten Einnahmen durch den Wirtschaftsaufschwung hinzu.
Dass bei Hausärzten 500 Millionen Euro gespart werden sollen, sei nicht hinnehmbar und auch eine schlechte Botschaft für den Hausärzte-Nachwuchs. So fürchtet der Verband, dass sich die Aushebelung der Selektivverträge negativ auf die Weiterbildungsbereitschaft potenzieller Hausärzte auswirken wird.
Gerade in Bayern und Baden-Württemberg, in denen flächendeckende Hausarztverträge existierten, sei die Weiterbildungsquote in der Allgemeinmedizin besonders hoch. Nach Angaben von Mehl liegt dies daran, dass junge nachrückende Mediziner in diesen Bundesländern auf verlässliche Hausarztstrukturen bauen könnten, die sie woanders nicht vorfinden. Auch diese Errungenschaft werde von der Koalition aufs Spiel gesetzt.